Chaos Computer Club Hessische Politiker beheimaten Wahlcomputer
Frankfurt am Main - Alle neun Wahlcomputer der Gemeinde Niedernhausen seien privat gelagert worden, das sei "gängige Praxis". Dies hätten Mitarbeiter des Ordnungsamtes gegenüber dem Chaos Computer Club (CCC) bestätigt. "Die Lagerung der Wahlcomputer über Nacht zu Hause bei Lokalpolitikern ist das Albtraumszenario für eine Innentätermanipulation, auch nach der Logik des hessischen Innenministeriums. So etwas haben selbst wir uns nicht vorstellen können", sagte CCC-Sprecher Dirk Engling.
Des Weiteren waren Wahlbeobachter des CCC den Angaben zufolge in zwei Wahllokalen für längere Zeit allein mit den bereits angelieferten Wahlcomputern, bevor der Wahlvorstand eintraf. Manipulationen hätten problemlos vorgenommen werden können, erklärten die Computerexperten.
In mindestens einem Wahllokal habe die sogenannte NEDAP-Technik versagt. Ein Wahlcomputer in Viernheim habe nach Inbetriebnahme um kurz vor 8.00 Uhr nur eine Fehlermeldung angezeigt. Eine normale Wahl sei somit unmöglich gewesen. Erst nach einer Stunde sei ein Ersatzcomputer im Wahllokal eingetroffen. In dieser Zeit hätten viele Wähler ihr Wahlrecht nicht ausüben können.
In Obertshausen sei interessierten Bürgern das Betreten des Wahllokals durch einen Mitarbeiter des Ordnungsamts verweigert worden, sogar die Festnahme wurde den Beobachtern angedroht. "Von Offenheit und der rechtlich verbürgten Öffentlichkeit der Wahl hat der Wahlleiter von Obertshausen offenbar noch nichts gehört", kommentierte Engling. Schon im Vorfeld hätten einige Wahlleiter versucht, aktiv eine Wahlbeobachtung zu behindern.
Die Beobachtungen von mehr als 50 interessierten Bürgern hätten weiterhin ergeben, dass ein großer Teil der älteren Wähler Probleme hatte, die Stimme an den Computern abzugeben. Viele seien so überfordert gewesen, dass Wahlhelfer ihnen bei der Stimmabgabe Hilfestellung hätten geben müssen.
Wahlcomputer leisteten unbemerkten Manipulationen des Ergebnisses Vorschub und bereiteten vor allem Senioren erhebliche Probleme, so der CCC. Grundsätzliches Problem der Wahlcomputer sei die mangelnde Transparenz und Überprüfbarkeit. Weder Wähler noch Wahlhelfer könnten die Korrektheit der Stimmabgabe und Zählung nachvollziehen. Eine nachträgliche Neuauszählung sei de facto nicht möglich.
"Die Wahlbeobachtung in Hessen zeigt, dass es endgültig Zeit wird, die Wahlcomputer auch in Deutschland aus dem Verkehr zu ziehen", sagte Engling. "Gerade angesichts des knappen Wahlausgangs in Hessen werden die untragbaren Risiken von Computerwahlen überdeutlich." Der hessische Landeswahlleiter Wolfgang Hannappel sagte, die Vorwürfe müssten gegebenenfalls in einem Wahlprüfungsverfahren untersucht werden.
manager-magazin.de mit Material von ap und dpa