IT-Gipfel Regierung ernennt Bundes-CIO

Auf dem zweiten nationalen IT-Gipfel kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag an, dass Staatssekretär Hans Bernhard Beus zum ersten Bundes-CIO ernannt werden soll. Bei dem zentralen Gipfelthema, dem akuten Fachkräftemangel, machte Merkel zudem deutlich, dass sie die Ausbildung heimischer Arbeitnehmer vorzieht.

Hannover - Vorrang müsse haben, heimische Fachkräfte zu qualifizieren, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag auf dem zweiten nationalen IT-Gipfel in Hannover. Erst danach könne man über eine Zuwanderung von Spezialisten aus dem Ausland nachdenken.

Auf dem IT-Gipfel diskutieren rund 500 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft die Zukunft der Informations- und Kommunikationstechnologie in Deutschland. Der erste IT-Gipfel war im Dezember 2006 in Potsdam.

Merkel kündigte auf dem Spitzentreffen zudem an, dass Innenstaatssekretär Hans Bernhard Beus ab dem 1. Januar 2008 Bundesbeauftragter für IT-Fragen werde. Er solle wichtige Entscheidungen, zum Beispiel für die Anschaffung von Software für die Bundesverwaltung, absegnen.

Die IT-Koordination auf Bundesebene gilt ebenso wie die Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden bisher als mangelhaft. Die Wirtschaft dringt seit längerem auf einen herausgehobenen Bundesbeauftragten für IT-Fragen oder Bundes-CIO, wie ihn beispielsweise Österreich hat. Des Weiteren kündigte Merkel einen dritten IT-Gipfel an, der wahrscheinlich in einem Jahr in Darmstadt stattfinden solle.

"Hannoversche Erklärung"

Im Abschlussdokument des IT-Gipfels, der "Hannoverschen Erklärung", heißt es, die Bundesregierung wolle ein "Konzept für eine arbeitsmarktadäquate Steuerung der Zuwanderung hochqualifizierter Fachkräfte entwickeln, das den Interessen Deutschlands auch in der nächsten Dekade Rechnung trägt". Als konkrete Maßnahmen nennt die Bundesregierung unter anderem die Initiative "IT 50 plus", mit der ältere Arbeitnehmer qualifiziert werden sollen. Zudem sollen verstärkt Frauen für IT-Studiengänge- und -Berufe gewonnen werden.

In der Erklärung heißt es zudem, die Bedeutung der IKT-Wirtschaft als Innovations- und Wachstumsmotor in Deutschland solle ausgebaut werden. "IKT made in Germany soll zum Markenzeichen werden." Neue Wachstumsfelder sollen erschlossen werden, etwa IT-Lösungen zur Senkung des Energieverbrauchs. Außerdem soll die IT-Sicherheit gestärkt werden.

Glos fordert Ausbildungsplätze von der Wirtschaft

Zum Auftakt des IT-Gipfels hatte bereits Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) Forderungen der Branche nach leichteren Zuwanderungsregeln für IT-Spezialisten einen Dämpfer erteilt. Es sei "vornehmliche Aufgabe" der Wirtschaft, für guten Nachwuchs zu sorgen, so Glos am Montagvormittag. Einer Lockerung des Zuwanderungsrechts für IT-Spezialisten, wie dies die Wirtschaft verlangt, erteilte er damit indirekt eine Absage "Wenn wir jetzt alle Tore für Zuwanderung aufmachen würden, fänden wir noch lange nicht das auf den Märkten, was wir speziell brauchen."

In Deutschland fehlen nach Einschätzung von Fachleuten rund 45.000 IT-Spezialisten. Die Wirtschaft fordert ein flexibleres Zuwanderungsrecht, um vor allem mehr Fachkräfte aus Ländern außerhalb der Europäischen Union ins Land holen zu können. Außerdem soll die derzeit geltende Gehaltsgrenze von 85.000 Euro jährlich für hoch qualifizierte Zuwanderer deutlich gesenkt werden. Die große Koalition lehnt dies ab.

Der Wirtschaftsminister sagte, die Chancen für Zuwanderer aus EU-Staaten seien bereits verbessert worden. Nun komme es vor allem darauf an, in Deutschland eine Qualifizierungsoffensive zu starten. Erst danach komme eine Debatte über Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten.

"Deutschland hat den Anschluss verpasst"

"Deutschland hat den Anschluss verpasst"

Der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, August-Wilhelm Scheer, forderte dagegen erneut eine Lockerung des Zuwanderungsrechts. Notwendig sei eine "Öffnung nach außen". Scheer verwies auf das Silicon Valley in den USA. In dem weltweiten IT-Zentrum seien viele junge Spezialisten aus Zuwandererstaaten aktiv. Dies verpasse Deutschland, wenn sich das Land "abschotte". Bei Entwicklung und Produktion habe Deutschland den Anschluss bereits verpasst.

Scheer forderte zudem, es müsse ein "Umdenken" an den Universitäten geben. Die Zahl der IT-Absolventen sei deutlich gesunken, die Abbrecherquote viel zu hoch. Die meisten IT-Unternehmen bräuchten aber gut ausgebildete Akademiker. Scheer schätzte den Umsatzausfall in der Branche durch den Fachkräftemangel auf rund eine Milliarde Euro pro Jahr. Als weitere vorrangige Aufgaben nannte er die Versorgung der ländlichen Regionen mit schnellen Breitbandzugängen sowie IT-Lösungen zur Senkung des Energieverbrauchs.

Passend zum Thema wird die Bevölkerung via Internet über das Gipfeltreffen informiert. Auf der Seite www.it-gipfelblog.de  können Nutzer Video-Podcasts anschauen, die von Studenten und Mitarbeitern des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts sowie des Hannoverschen Instituts für Journalistik und Kommunikationsforschung vor Ort produziert werden.

Auf dem ersten IT-Gipfel vor einem Jahr wurde als übergeordnetes Ziel ausgegeben, die deutsche Informations- und Kommunikationstechnik an die Weltspitze zu führen. Zu den Erfolgen zählt Bitkom bisher ein Sicherheitspaket für den Mittelstand, die Einrichtung einer einheitlichen Behördenrufnummer 115, das Programm "IT 50Plus" zur Weiterbildung älterer Mitarbeiter und die Ernennung eines IT-Beauftragten der Bundesregierung. Hinzu kommen die sogenannten Leuchtturmprojekte Theseus zum Wissensmanagement im Internet und E-Energy zur Senkung des Energieverbrauchs. In diese beiden Vorhaben werden 280 Millionen Euro investiert, die zu gleichen Teilen aus öffentlichen und privaten Mitteln kommen.

manager-magazin.de mit Material von dpa und reuters

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