Datenklau "Nie wieder per Kreditkarte!"
Hamburg - Es ist der Albtraum vieler Bankkunden. Zunächst scheint es harmlos: Sie erhalten eine E-Mail, die eine "Wichtige Mitteilung" enthält, wie es die Betreffzeile suggeriert. Im Zeitalter von Spam- und Werbemails ist das nichts Außergewöhnliches. Ein Blick auf die Mitteilung kann trotzdem nicht schaden, da es sich bei dem Absender um Kartenhaus handelt, ein Portal, bei dem man vor einiger Zeit online und per Kreditkarte - Konzerttickets bestellt hat.
Kartenhaus sei Opfer eines rechtswidrigen Angriffs auf seine Internetseite geworden, heißt es darin. Der Puls wird schneller. Unbekannte Täter hätten einige persönliche Informationen der Kunden gestohlen. Schweißausbruch. "Wir haben leider Grund zu der Annahme, dass Ihre Kreditkarteninformationen, einschließlich der Rechnungsanschrift für Ihre Karte gestohlen wurden." Panik.
Den aufsteigenden Hitzeschwall kann Kartenhaus auch nicht mit wohlfeilen Ratschlägen bekämpfen, die sich mit "Bleiben Sie wachsam!" zusammenfassen lassen. "Wir empfehlen Ihnen, so bald wie möglich die Kreditkartenabrechnung zu prüfen, um mögliche betrügerische Geschäftsvorgänge zu identifizieren", ist da zu lesen.
Daneben solle man auch Maßnahmen, die das Kreditkartenunternehmen empfiehlt, in Erwägung ziehen. Anscheinend geht Kartenhaus zudem davon aus, dass der Kunde alles Weitere nun mit seiner Bank regelt, denn eine Telefonnummer für eventuelle Rückfragen ist in der Nachricht nicht angegeben. Es wird lediglich eine E-Mail-Adresse angeführt.
Kartenhaus, ein Tochterunternehmen der amerikanischen Firma Ticketmaster, musste seine spärlichen, aber gut gemeinten Ratschläge 66.000 Mal verteilen. So viele - überwiegend deutsche - Kunden sind von dem Diebstahl betroffen, bei dem am vergangenen Wochenende bislang unbekannte Täter Kreditkartendaten regelrecht abgrasten. Wie der oder die Diebe an die Daten kamen, ist bislang unbekannt. Eine Ticketmaster-Sprecherin sagte, man kenne jedoch ihre IP-Adressen und habe diese bereits an die zuständigen Behörden weitergegeben.
"Die Banken haften"
"Die Banken haften"
Den Kunden, die von dem Diebstahl betroffen sind, nützt das im Moment wenig. Ihre Kreditkartennummern befinden sich in fremden Händen. Für viele stellt sich damit die große Frage: Soll ich meine Kreditkarte sperren lassen? Von dieser Möglichkeit ist in der E-Mail von Kartenhaus nichts zu lesen.
Das sei allerdings auch nicht unbedingt notwendig, meint Klaus Heiermann, Sprecher der Rechtschutzversicherung Arag. "Sollte es zu einem Missbrauch der Kreditkarte kommen, haften die Banken", sagt der Experte. Und wenn diese wiederum Kartenhaus nachweisen, dass der Ticketanbieter seine Daten nicht ausreichend gesichert hat, hafte letztlich das Unternehmen für den entstandenen Schaden. "In jedem Fall sollte der Kunde seine Kreditkartenabrechnungen im Auge behalten", rät Heiermann. Wenn der Kunde dann bei Unregelmäßigkeiten zeitnah widerspreche, sei es relativ sicher, dass er sein Geld wiederbekomme. "Die deutsche Rechtsprechung ist in dieser Hinsicht vergleichsweise verbraucherfreundlich."
Gewaltiger Schrecken für Kartenhaus-Kunden
Udo Vetter ist da skeptischer. "Im Zweifelsfall empfehle ich, die Karte zu sperren", sagt der auf Onlinerecht spezialisierte Düsseldorfer Anwalt, der unter anderem das "Lawblog" betreibt. Dabei gehe es nicht nur um die finanzielle Seite. "Wenn jemand Ihre gestohlene Kreditkarte nutzt, um sich beispielsweise kinderpornografische Schriften zu kaufen, können Sie durchaus in Erklärungsnot geraten, sollten Sie die Karte nicht gesperrt haben", erklärt Vetter.
Letztlich liegt es also im Ermessensspielraum des Kreditkartenbesitzers, ob er seine Karte im Falle eines Diebstahls sperren lässt oder nicht. Zahlreichen Kartenhaus-Kunden hat der Vorfall jedenfalls einen gewaltigen Schreck eingejagt. Im Internet schreiben sie sich ihren Frust von der Seele. So resümiert ein verärgerter Kunde auf dem Bewertungsportal Doyoo: "Nie wieder per Kreditkarte!"