Auszeit Mit Fleisch kann man alles
Wir geben auf. Seit wir die Reihe "Auszeit" machen, versuchen wir Sie, liebe Leser, zur Mitarbeit zu animieren. Und das hier ist immerhin schon die dritte Folge. Man kann von einer Tradition sprechen.
Hier unsere Kapitulation: Dies ist kein Aufruf, uns unterhaltsame Webseiten zu schicken, die dann wieder Ihnen die Zeit im Büro verkürzen. Wir wollen sie nicht mehr. Man macht sich ja lächerlich. Außerdem können wir das selbst. Schließlich sind wir Profis.
Sagen Sie nicht, in dem Kasten unter diesem Absatz würde noch zur Unterstützung aufgerufen. Das ist eine reine Marketingmaßnahme. Damit unsere Seite offen, forenmäßig und webzwonullig rüberkommt. Das macht man heute so.
Was für ein Quatsch. Wir haben die Erfahrung ja gemacht: Sie, die User, nutzen so was gar nicht. Keine Ahnung, wer die ganzen Kommentare auf all den Mitmachseiten schreibt. Die Leser können es nicht sein. Das haben wir jetzt praktisch bewiesen. Empirisch belegt.
Kommen Sie uns nicht damit, zwei Stichproben seien dafür nicht ausreichend. In Berlin gibt es Lobbygruppen, die erklären noch ganz andere Umfragen zu wissenschaftlichen Studien.
Wir schweifen ab. Aber genau darum geht es schließlich bei der "Auszeit". Wir haben auch diesmal ein paar Orte im Internet ausfindig gemacht, zu denen Sie abschweifen können. Ob Sie das in der Mittagspause machen oder danach, ist Ihre Sache.
Lassen Sie sich nicht erwischen!
Promis, kindlich

Verlorene Jugend: Kleine, hoffnungsvolle Dötze. Hätten Sie Christina Aguilera erkannt?
Celeb Kids Quiz
Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Neben all den Kleinigkeiten des Alltags - Subprime-Krisen, Terrorbedrohung, CSU-Vorsitzende - verblassen oft die wirklich großen Fragen des Lebens. Gott sei Dank gibt es Webseiten, die uns die Antworten abnehmen.
Dazu zählt das "Celeb Kids Quiz". Eine Sammlung von Kinderfotos, so der erste Eindruck. Zumindest wo diese Kleinen hingegangen sind, lässt sich leicht sagen. Ins Scheinwerferlicht, auf die Leinwände und Bildschirme, in die Boulevardspalten unserer Gesellschaft. Hier geht es ausnahmslos um Berühmtheiten. Und darum, woher sie kommen.
Das ist Ihnen alles zu verquast? Nun, schlichte Gemüter halten das "Celeb Kids Quiz" für ein Ratespiel. Man bekommt ein Kind gezeigt und muss unter drei Kandidaten auswählen, welcher Prominente daraus wurde. Ist der kleine blonde Junge links oben Schauspieler Matt Damon, sein Kollege Leonardo DiCaprio oder doch Kurt Cobain, jener Musiker, der sich auf dem Höhepunkt seiner rauschhaften Karriere in den Kopf schoss? Sie sehen, da fängt Harmloses an, existentiell zu werden.
Es bleibt aber harmlos, die Website zeigt sofort die richtige Lösung an, nämlich dass wir es mit dem kleinen Leo zu tun haben, Gottlob. Auf Drew Barrymore hätte man auch so kommen können, zugegeben. Aber dass das Mädchen mit dem Tennisschläger naja, geschenkt.
Sarah Jessica Parker, die promiske Kolumnistin aus der Serie "Sex and the City", hat sich kaum verändert. Oder Freddie Mercury selig, der als Grundschüler schon aussah wie der spätere Superstar des Glamrocks. Oder sah er als Musikstar aus wie ein Grundschüler? Gut, den Schnurrbart müsste man sich dazudenken.
Übrigens ist das Spiel ausgesprochen bürotauglich, weil es nur diese eine Seite gibt, mit gerade mal 36 Promis. Das ist schnell gespielt und gefährdet nicht wirklich den nahenden Feierabend. Wer länger als fünf Minuten braucht, sollte ein Probeabo der "Gala" in Betracht ziehen.
Am Ende spuckt das System sogar eine Erfolgsquote aus. Nach diesem kleinen Spiel um die großen Fragen des Lebens landet man damit ganz sanft wieder bei den Kleinigkeiten des Alltags.
Alles, für nix

Knauserige Vielfalt: Manches ist nur billiger, nicht kostenlos. Aber damit ist man ja einen Teil der Kosten los
Kostenlos.de
Apropos Probeabo. Das kann ja zur Leidenschaft werden. Mal hier eins, mal da eins, dazu die Aboprämien, Hauptsache kostenlos. (Liebe Kollegen im Vertrieb unserer Offline-Produkte: Das war keine Empfehlung!)
"Kostenlos" ist ein seltenes Wort geworden in letzter Zeit. Meist liest man eher "Preiserhöhung". Ob Sprit, Bier Milch, Brot oder Mehrwertsteuern: Alles, was man regelmäßig bezahlt, wird teurer. Damit wird Kostenloses wieder gefragter. Nach den Gesetzen des Marktes, des unsichtbar hantierenden.
Was Wunder, dass es dazu gleich eine ganze Internetseite gibt, "kostenlos.de". Die führt vor Augen: Es gibt sie noch, die guten Dinge, die man einfach so bekommt. Zumindest dem Prinzip nach. (Liebe Kollegen vom Ressort Life+Style: Gerade weil unsere Leser sich sonst immer auf die Berichte von Supersportwagen und Brilli-besetzten Luxushandys stürzen, brauchen sie nun den Tipp, wo es etwas kostenlos gibt.)
Auf "kostenlos.de" sind die unterschiedlichsten Gratis-Angebote zusammengetragen. Da kann man etwa die "Märkische Allgemeine" zwei Wochen lang für lau lesen (ein seltenes Vergnügen in Hamburg). Da gibt es Anbieter, die 25 SMS verschenken (etwa um die "Märkische Allgemeine" nach zwei Wochen wieder zu kündigen). Da gibt es freie Software, mit der man das Geschehen auf seinem PC-Bildschirm filmen kann (etwa, um sich bei seinen Gratis-Recherchen abzusichern). Und da bieten bekannte Ladenketten Gutscheine für Werbegeschenke feil (etwa um bei Staples eine Packung Büropapier obendrauf zu bekommen).
Die Seite ist nicht allzu übersichtlich, weil es vor Werbung nur so wimmelt, und die wirbt nicht allein für Laues. Immerhin ist das umfangreiche Angebot in sinnvolle Kategorien unterteilt und mit einer Suchmaschine versehen. Jede Offerte können die Nutzer bewerten, um sich gegenseitig deren Seriosität zu versichern.
Wie seriös das im Einzelfall ist, sei dahingestellt. Das Kleingedruckte muss man schon selbst lesen. Was ist zum Beispiel von einer Handelsplattform zu halten, die erst startet, wenn man 50 Euro überweist (natürlich kostenlos)?
Datenschutz-Fetischisten werden sich ohnehin abgestoßen fühlen. Die Werbegeschenke gibt es je einmal, aber die eigenen Adressdaten muss man den "Schenkern" dauerhaft preisgeben. Wenn es Ihnen das wert ist, weil Sie 10 Euro auf der nächsten Telekom-Rechnung sparen (bei gleichzeitiger Umstellung auf Online-Rechnung), weil Sie 3 Euro zur nächsten Fußballwette dazu bekommen oder 25 Euro bei der nächsten Auktion von Tele Bid - bitte schön. (Lieber Jusitiziar: Selbstverständlich habe ich die Kündigung fristgerecht abgeschickt! Was mache ich denn jetzt drei Jahre lang mit der "Gala"?)
Onlinespiel, schaurig

Spartanische Pracht: Immer das Schlechteste aus den Anweisungen machen
The Kingdom of Loathing
Der Akkordeon-Dieb schleicht durchs Unterholz, sein gestohlenes Akkordeon bedrohlich schwingend. Da begegnet ihm ein Warwelf. Ein Werwulf. Ein Worwilf. Naja, wie auch immer - das Biest greift an und sieht eindeutig schaurig aus.
Wir befinden uns im Gruseligen Wald, oder besser "Spooky Forest", denn uns hat es in das "Kingdom of Loathing" verschlagen und das ist ein englischsprachiges Reich. Wir, das heißt der Accordion Thief und seine Kameraden, der Seal Clubber und der Pastamancer mit seinen arkanen Geheimkräften der Noodlecraft. Im Gruseligen Wald begegnen den dreien absonderliche Ungeheuerlichkeiten, mehr sei darüber nicht verraten.
Sie bibbern schon? Das ist alles noch gar nichts gegen die merkwürdigen Gestalten, die sich in Seaside Town herumdrücken. Verschlägt es Sie in das Stadtviertel "On the wrong side of the tracks", treffen Sie beispielsweise einen "verdächtig aussehenden Kerl", der Ihnen erst Golfbälle schenkt. Dann aber verkauft er sie nur noch, und zwar zu horrenden Preisen. Das ausgerechnet am "Dependence Day", den das Reich neulich zu Ehren von King Ralph feierte.
Aufpassen muss man auch im "Dungeon full of Dungeons", dem Verliese-Verlies. Wie reagiert man auf den pummeligen kaukasischen Ninja mit fettigem Pferdeschwanz? Soll man ihn mit dem gestohlenen Akkordeon in die Flucht schlagen, in den "junk" treten oder mit Fleisch bestechen?
"Kingdom of Loathing" ist ein Online-Computerspiel, das vor allem durch solche Handlungsaufforderungen richtig liebenswert wird. Im "KoL", wie Fans es liebevoll nennen, gibt es jederzeit etwas Abscheuliches zu tun. Es ist der Gegenpol zu aufwändigen Animationen wie World of Warcraft. Keine rasanten 3D-Jagden, kein Sound, nicht einmal Grafiken, die diesen Begriff verdient hätten. Wer schon immer wusste, dass die kinoartigen Spielabenteuer der großen Hersteller nur für Kindsköpfe sind, wird dieses bizarre Paralleluniversum mit seinen Strichmännchen lieben.
Hier gibt es Aufgaben zu bestehen, die nur etwas für Erwachsene sind - in einem streng jugendfreien Sinn. Beispielsweise muss man einen undefinierbaren, offensichtlich unnützen Gegenstand aus einem schmutzigen Gulli ziehen. Die Lösung: ein klebriger Kaugummi an einem Faden, den man auf dem Markt bei einem teuflisch aussehenden Verkäufer für einiges Fleisch erstehen kann. Dieser Auftrag stammt von niemand anderem als dem tutenden Pirol auf dem Mount Noob, den jeder neue "KoL"-Bürger als eine Art Mentor kennenlernt. Immerhin kocht der Vogel für den unnützen Gegenstand eine Suppe und schickt den erfolgreichen Spieler zu den kuscheligen Killerkaninchen, um an Fleisch zu kommen.
Fleisch ist übrigens die allgemeine Währung im "KoL". Mit Fleisch kann man so ziemlich alles. Sogar kaputte Actionfiguren reparieren. Allerdings muss man dazu vorher Hackfleisch herstellen
Zur vorigen Auszeit: "Deine soziale Schicht ist stickig"