Analogfotografie Totgesagte leben länger
Düsseldorf/Stuttgart - Darauf hatten Liebhaber der Naturfotografie lange gewartet: der Velvia 50 kommt in diesem Sommer auf den Markt. "Velvia 50?", werden sich Kenner fragen. Das ist doch ein alter Hut! Und sie haben recht. Der Diafilm von Fuji feiert seine Wiedergeburt, nachdem er 2005 vom Markt genommen wurde.
Profis und ambitionierte Amateure hätten nach dem Film verlangt, sagt Petra Fujiwara, Sprecherin von Fujifilm. Vor allem Landschafts- und Naturfotografen, die mit Diafilmen arbeiten, schätzen den Velvia 50 laut Fujifilm wegen seiner hohen Farbsättigung, seines Kontrastumfangs und seiner "dramatischen Farbreproduktion". Und auch bei Makroaufnahmen kann der feinkörnige Film, der bei seiner Neuauflage nun mit anderen Rohstoffen und veränderter Technologie daherkommt, seine Stärken ausspielen.
Um Nachschub brauchen sich Analogfotografen keine Sorgen zu machen: "Wir bieten so lange Filme an, wie sie nachgefragt werden", sagt die Fujifilm-Sprecherin. Allerdings müsse ein Hersteller sich angesichts immer kleiner werdender Verkaufsmengen schon überlegen, bis wann sich Herstellung und Distribution lohnen.
Beim Mitbewerber Kodak in Stuttgart ist die Lage ähnlich: "Trotz des geänderten Verbraucherverhaltens und des insgesamt rückläufigen Filmgeschäfts gehen wir davon aus, dass es noch sehr lange einen Markt für Film geben wird", heißt es in einem aktuellen Statement des Unternehmens. Untersuchungen von Kodak zeigten, dass mehr als zwei Drittel aller Profifotografen neben ihrem digitalen Equipment auch weiterhin Filme einsetzen.
Feintuning statt Neuentwicklung
Feintuning statt Neuentwicklung
Anfang März wurden daher zwei neue Farbfilme vorgestellt: optimierte Versionen der Kodak-Farbwelt-Filme ISO 100 und ISO 200, mit denen "noch leuchtendere Farbergebnisse" erzielt werden könnten. Doch völlige Neuentwicklungen wird es im Bereich der Analogfotografie auch bei Kodak nicht mehr geben. Es gehe eher darum, durch Feintuning die Eigenschaften der bestehenden Film-Emulsionen zu optimieren, sagt Christina Lauber, verantwortlich für das Kodak-Filmgeschäft in Deutschland.
So werde die Scanfähigkeit der Filme verbessert. Die Farbstoffe werden dabei in ihren spektralphotometrischen Eigenschaften den Anforderungen der Scanner angepasst, um eine möglichst optimale Farbwiedergabe zu erzielen. Einfacher ausgedrückt: Es geht darum, "wie gut ein Sensor die Farben des Films sehen und auslesen kann", erklärt Lauber. Denn früher oder später landen gute analoge Fotos wieder auf einer Festplatte und dem Server einer Bilddatenbank.
Diese Beispiele zeigen, dass der Bedarf an Filmen nach wie vor groß ist, sagt Contanze Clauß, Sprecherin des Photoindustrie Verbandes (PIV). Es gebe einen Riesenbestand an analogen Kameras, die immer noch gut funktionierten. "Viele sagen sich: Meine Kamera macht tolle Bilder, ich brauche keine digitale." Dennoch ist der Abwärtstrend der Analogfotografie eindeutig, wie Marktzahlen des PIV belegen: Die Zahl der verkauften Filme ist im Jahr 2006 im Vergleich zu 2005 um ein Drittel zurückgegangen. Und Analogkameras fristen in den Verkaufsstatistiken ein Schattendasein: Ihr Anteil halbierte sich von 12 Prozent im Jahr 2005 auf 6 Prozent in 2006.
Völlig abwegig ist der Kauf einer neuen Analogkamera aber nach Ansicht von Markus Bautsch nicht: "Fotografie ist eine extrem ausgereifte Technik, die gut funktioniert", sagt der Experte von Stiftung Warentest. "Man kann für 100 Euro eine ausgesprochen gute Analogkamera mit Zoom kaufen, hat dann aber permanent Filmkosten. Sie müssen Filme kaufen, diese entwickeln lassen und für Abzüge bezahlen."
Gefangen in der Nische
Gefangen in der Nische
Und auch, wer sich bewusst gegen die Digitaltechnik entscheidet, wird letzten Endes ein Digitalbild in den Händen halten: "Die großen Entwicklungslabore setzen schon seit Langem komplett auf Digitaltechnik", sagt Bautsch. Alle Filme würden dort gescannt und digital ausbelichtet. Und wie bei herkömmlichen Digitalbildern üblich, werden diese Fotos nachträglich noch bearbeitet: Farbstiche werden beseitigt, die Helligkeitsverteilung wird verbessert, und die Hauttöne werden optimiert, so dass sie natürlich erscheinen.
Aus ihrer derzeitigen Marktnische wird die Analogfotografie aber nach Ansicht von Bautsch nicht mehr herauskommen: Abgesehen von den professionellen Filmen mit "abartiger Auflösung" seien Fotografen bei 95 Prozent aller Fotos mit der Digitaltechnik einfach besser bedient.
Mit Neuerungen bei Kameras und Objektiven sollten Analogfotografen auch nicht mehr rechnen: "Die meisten Hersteller bauen keine neuen Analogkameras mehr", sagt Yvan Boeres, Kameraexperte des Internetportals Digitalkamera.de. Modellpflege lautet das Motto bei den klassischen Kameraherstellern.
Allenfalls die Profimodelle der letzten analogen Spiegelreflexgeneration würden weiterhin angeboten. Zudem gibt es von Zeit zu Zeit "neue" Retro-Sucherkameras, die bei Sammlern beliebt sind, und nach dem Kauf gleich in Vitrinen verschwinden. Dort erinnern sie dann an die gute alte Zeit der Fotografie, ziehen bewundernde Blicke auf sich und werden fotografiert - digital natürlich.
Arnd Petry, dpa