HDTV Neue Fernseher, alte Programme
Berlin - Während in Italien, Frankreich oder Spanien Digital-TV bereits flächendeckend verbreitet ist, hat in Deutschland erst knapp ein Drittel aller Haushalte vom herkömmlichen analogen Signal auf Digital umgeschaltet.
Viele Verbraucher rätseln noch über die Wege in die TV-Welt von morgen. Ein unübersichtliches Angebot an Decodern, den sogenannten Settop-Boxen, Verwirrung über technische Normen und Übertragungswege erscheinen als hohe Hürde. Plasma- und LCD-Geräte für hoch auflösendes (HD) Fernsehen sind die Renner. Seit 2005 wurden 5,6 Millionen Flachbildfernseher in Deutschland verkauft, im vergangenen Jahr gingen mehr Digitalgeräte als herkömmliche Röhrenapparate über den Ladentisch.
"HD ready" steht zwar auf den neuen Geräten mit den hoch auflösenden Bildern - doch die Fernsehmacher sind noch lange nicht so weit. Das Programmangebot für die neue Generation ist eher dürftig. Mancher Käufer ist daher enttäuscht, wenn er zu Hause nicht den gestochen scharfen Testfilm wie im Kaufhaus sehen kann, sondern nur das bekannte Analogbild im 16:9-Format.
Der Bezahlsender Premiere bietet einen eigenen HD-Kanal. Die Öffentlich-Rechtlichen wollen die Olympischen Spiele in Peking 2008 als Anlass für den Umstieg auf die neue Norm nutzen. In den meisten Fällen, sagt Klaus Goldhammer von der Medienberatungsfirma Goldmedia, "steht das teure Equipment quasi ungenutzt in den Wohnzimmern".
Für die neuen Angebote fehlt den Sendern das Geld. Mit klassischer Werbung könnten neue Digitalangebote kaum noch finanziert werden. Den TV-Werbekuchen hätten sich die beiden großen Systeme, RTL und ProSiebenSat.1, aufgeteilt, für kleinere Anbieter bleibe wenig übrig, sagt Goldhammer. Selbst die ARD schließt nicht mehr aus, über die GEZ-Gebühr auch Geld für die neuen Digitalprogramme zu verlangen. Es sei eine Illusion zu glauben, dass in Zukunft alle Angebote aus den Rundfunkgebühren bezahlt werden könnten, sagt der ARD-Vorsitzende Fritz Raff.
Bezahlfernsehen boomt
Experten rechnen trotzdem in den nächsten Jahren mit einem rasanten Wachstum auf dem Pay-TV-Markt - nicht nur wegen der begehrten Ware Fußball. "Kostenpflichtiger Premium-Content jenseits von Sport wird in Deutschland offenbar immer stärker nachgefragt", sagt Goldhammer.
Nach Angaben von Henning Röper von der Münchner Unternehmensberatung Solon Management Consulting wird die Zahl der Pay-TV-Abonnenten von derzeit 2,6 auf etwa 4,6 Millionen im Jahr 2012 wachsen. So habe allein Kabel Deutschland innerhalb von zwei Jahren 550.000 zusätzliche Kunden für neue Digitalangebote gewonnen.
Als Übertragungsweg holt neben dem digitalen Antennenfernsehen DVB-T, auf dem bis zu 30 Kanäle zu sehen sind, der Satellitenempfang deutlich auf. Von den 16,7 Millionen Haushalten mit Schüsseln auf dem Dach oder Balkon sind die Hälfte für Digitalempfang ausgerüstet. Der europäische Satellitenbetreiber SES Astra will mit seiner Plattform Entavio einen Schub beim Digitalempfang auslösen. Mit einer Settop-Box können dann alle Digitalprogramme - ob frei oder verschlüsselt - empfangen werden.
Triple Play via Satellit
Über die Entavio-Empfangsbox könnten auch andere Sender ihr Programm verbreiten - und damit das Durcheinander mit mehreren Empfangboxen beenden. "Entavio ist eine neutrale Plattform, die allen Sendern zur Verfügung steht", sagt Ferdinand Kayser, Chef des europäischen Satellitenbetreibers Astra. Bis 2008 solle die Hälfte aller neuen Boxen "fit für Entavio" sein. Damit könnten Zuschauer weitere digitale Inhalte und Dienstleistungen erhalten. Als erster Sender geht am 1. September Premiere mit der neuen Astra-Empfangbox an den Start. "Damit schaffen wir die Grundlage für zusätzliche Angebote und mehr Wettbewerb im Bezahlfernsehen".
In diesen Tagen hat Astra einen neuen Satelliten auf die Orbitalposition 19,2 Grad Ost gesetzt, um mehr Kapazität zur Übertragung von HD-Kanälen zu schaffen. Mit 13 Satelliten erreicht das in Luxemburg ansässige Unternehmen 109 Millionen Haushalte in Europa. Und für Haushalte, die etwa auf dem flachen Land keinen Zugang zum das Breitbandnetz bekommen, bietet Astra nun auch den Anschluss an das schnelle Internet, Fernsehen und Telefon über Satellit. "Die Nachfrage nach mehr Bandbreite wird immer größer", sagt Kayser.
Esteban Engel, dpa