SAP/Oracle Larry Ellisons Kampfansage
Hamburg - Um die schon sprichwörtliche Feindschaft von SAP-Gründer sowie Großaktionär Hasso Plattner und dessen Dauerkontrahenten, den Oracle-Chef Larry Ellison, ranken sich noch heute Legenden.
So soll sich etwa folgende Geschichte zugetragen haben: Im August 1996 segelten Plattner und Ellison beim "Kennwood-Cup" um die Wette. Plattners Regattajacht "Morning Glory" erlitt Mastbruch und dümpelte mit mehreren Verletzten an Bord manövrierunfähig vor Hawaii. Ellison zog mit seiner "Sayonara" am Konkurrenten vorbei.
Aber anstatt zu helfen, umkreiste Ellisons Crew Plattners Jacht in sicherem Abstand mit dem Beiboot und hielt die Niederlage auf Video fest. Plattner ärgerte sich dermaßen, dass er das blanke Hinterteil zeigte.
Auch wenn Plattner heute nicht mehr Chef des Walldorfer Softwarekonzerns ist, am Hahnenkampf zwischen SAP und Oracle hat sich nichts geändert. Immer, wenn Ellison ein weiteres Unternehmen für Milliarden von Dollar aufkauft, bietet SAP-Chef Henning Kagerman den vermeintlich verunsicherten Kunden an, zu günstigen Konditionen vertrauensvoll zu SAP zu wechseln.
In den vergangenen drei Jahren hat Oracle rund 20 Milliarden Dollar für den Kauf von Rivalen ausgegeben, darunter Hyperion Solutions, Peoplesoft und Siebel Systems. Während Oracle Umsatz und Gewinn durch schieren Zuwachs an Masse steigert, behauptet SAP stets, vor allem organisch zu wachsen.
Bisher schienen die Strategien beider Unternehmen aufzugehen. Ellison raffte Unternehmen und häufte Schuldenberge an, Kagermann dagegen hielt sich dezent im Hintergrund und freute sich über eine Umsatzrendite von 20 Prozent.
Nun aber gerät das Gleichgewicht des Schreckens aus den Fugen. Es ist eine ungeheuerliche Anschuldigung, die Ellison in seiner Klageschrift gegen den verhassten Konkurrenten erhebt. Mitarbeiter der amerikanischen SAP-Tochter Tomorrow Now sollen urheberrechtlich geschützte Dateien von Oracle-Servern heruntergeladen haben, um ehemaligen Oracle-Kunden günstigere Wartungsverträge für deren noch eingesetzte Oracle-Software anbieten zu können. Tomorrow Now unterbietet Oracle um rund 50 Prozent bei den Gebühren für die Softwarewartung, heißt es.
"Der Kampf hat eine neue Dimension"
"Der Kampf hat eine neue Dimension"
Unterdessen hat sich SAP indirekt gegen den Vorwurf des Diebstahls gewehrt. "Es macht für uns wenig Sinn, Software von anderen herunterzuladen und zu kopieren", sagte SAP-Mitteleuropachef Michael Kleinemeier am Freitag im Vorfeld der Eröffnung der neuen Deutschlandzentrale in Walldorf. "Unser Code of Conduct sieht vor, dass so etwas nicht passiert." Verstöße dagegen würden in der Regel mit der Kündigung geahndet. Ohnehin würde solch eine Aktion für SAP keinen Sinn ergeben. "Als Marktführer kann man nicht in den Rückspiegel schauen, sondern muss gemeinsam mit Kunden nach Lösungen suchen, die sich dann als Standardanwendungen einsetzen lassen."
Zu den Oracle-Vorwürfen, die für SAP überraschend gekommen seien, nahm der Konzern weiterhin offiziell keine Stellung. Die US-Rechtsabteilung von SAP habe sich der Sache angenommen, sagte Kleinemeier lediglich. Es sei das erste Mal, dass SAP wegen "unternehmerischen Diebstahls" verklagt worden sei.
Die Börse reagierte verschnupft auf die Klage. Im Laufe des Handelstages fiel die SAP-Aktie um 1,4 Prozent auf 34,40 Euro. Den Verlust von 700 Millionen Euro Marktkapitalisierung hält Theo Kitz, Analyst bei Merck Finck & Co, zwar für übertrieben. Aber SAP drohe in Amerika durchaus eine nennenswerte Schadenersatzzahlung. "Das werden nicht die 700 Millionen Euro sein, aber das kann durchaus ein zweistelliger Millionenbetrag sein", so Kitz gegenüber manager-magazin.de. Die Klage nimmt Kitz durchaus ernst. "Ich gehe nicht davon aus, dass Oracle das ohne Beweise macht", so der Analyst. Und in einem ist sich Kitz ganz sicher: "Der Kampf hat eine neue Dimension gewonnnen."
Sein Kollege Chris Oliver Schickentanz von der Dresdner Bank geht sogar noch einen Schritt weiter: "Es ist durchaus möglich, dass es einen Imageschaden gibt. US-Kunden reagieren sehr sensibel auf mögliche Gesetzesverstöße von Geschäftspartnern", so Schickentanz gegenüber manager-magazin.de.