VDSL Berlin sagt Brüssel den Kampf an
Berlin - Im erbitterten Streit mit der EU-Kommission über eine Begünstigung des superschnellen Glasfasernetzes der Deutschen Telekom bleibt die große Koalition hart. SPD und Union einigten sich am Dienstag auf eine Gesetzesfassung, die das neue VDSL-Netz der Telekom für eine befristete Zeit von der Regulierung durch die Bundesnetzagentur befreien soll. Bei der EU-Kommission in Brüssel gilt nun ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland als unvermeidlich, sollte das Gesetz unverändert Anfang 2007 in Kraft treten.
Die Bundestagsfraktionen von SPD und Union teilten in Berlin mit, der ursprüngliche Regierungsentwurf sei unwesentlich modifiziert worden und verstoße nicht gegen Europarecht. Dagegen verlautete aus der Behörde in Brüssel, das Gesetz sei mit EU-Recht nicht vereinbar. Dies hätten Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes und Telekom-Kommissarin Viviane Reding zuletzt in einem Schreiben an die Bundesregierung erneut deutlich gemacht.
SPD und Union betonten, es liege nun ein "ausgewogenes Gesamtpaket" vor, das in der nächsten Woche im Bundestag verabschiedet werden solle. Reding will am Donnerstag zu Gesprächen nach Berlin kommen. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) teilt ihre Bedenken nicht. Die Gesetzesnovelle sei keine "Lex Telekom".
Der Kommission, Telekom-Konkurrenten und Verbraucherschützern ist der Paragraf 9a des Gesetzes ein Dorn im Auge, der die Aussetzung der Regulierung ("Regulierungsferien") regelt. Die entsprechende Klausel sieht vor, teuer aufgebaute "neue Märkte" im Netzbereich zunächst abzuschotten. Wettbewerber sollen diese neuen Datenautobahnen für einen gewissen Zeitraum nicht befahren und ihren eigenen Kunden zur Verfügung stellen dürfen. Unter Fachleuten ist umstritten, ob das VDSL-Glasfasernetz der Telekom überhaupt ein neuer Markt ist.
"Herbe Niederlage für den Wettbewerb"
"Herbe Niederlage für den Wettbewerb"
Union und SPD verständigten sich nun auf eine Ergänzung des Paragrafen. Hier wurde eine zusätzliche Definition aufgenommen. Ein neuer Markt setze Dienste und Produkte voraus, "die sich von vorhandenen Diensten und Produkten nicht nur unerheblich unterscheiden und diese nicht lediglich ersetzen", heißt es.
"Damit ist klargestellt, dass es nicht darum geht, reine Infrastruktureinrichtungen ohne neue Produkte regulierungsfrei zu stellen", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion, Martina Krogmann. Der SPD-Telekommunikationsexperte Martin Dörmann unterstrich, die Entscheidung, ob ein neuer Markt vorliegt, treffe die Bundesnetzagentur.
Der Breko Bundesverband Breitbandkommunikation, zu dessen Mitgliedern viele Telekom-Konkurrenten zählen, nannte die Einigung der Koalitionsexperten eine "herbe Niederlage für den DSL-Wettbewerb und einen Stabilisierungsversuch für den schlingernden Tanker Telekom an völlig falscher Stelle". Dennoch sehe der Verband die Möglichkeit, den Entwurf so auszulegen, dass der Wettbewerb seine Chance erhalte. "Nur, wenn das Telekommunikationsgesetz durch entsprechende ministerielle Weisungen sachgerecht angewendet wird, können wir damit leben", sagte Breko -Geschäftsführer Rainer Lüddemann. Der Breko kritisierte, dass VDSL nun doch als neuer Markt definiert werde, was eben die Möglichkeit eines Regulierungsverzichtes beinhalte.
Die Deutsche Telekom will drei Milliarden Euro in das VDSL- Hochgeschwindigkeitsnetz mit Übertragungsraten von bis zu 50 Megabit pro Sekunde stecken. Der Konzern argumentiert, ohne Investitionssicherheit könne diese enorme Summe nicht aufgebracht werden. Insgesamt sollen 50 Großstädte angeschlossen werden. Mit VDSL will die Telekom seine Netze für so genannte Triple-Play-Angebote aufrüsten, die Internet, Telefonie und Medieninhalte bündeln.
manager-magazin.de mit Material von dpa und reuters