London/Frankfurt am Main - "Familie und Stiftung haben entschieden, in diesem Jahr eine geringere Dividende auszuzahlen", sagte Bertelsmann-Vorstandschef Gunter Thielen der "Financial Times Deutschland". Der Verzicht auf eine höhere Dividende helfe, die kürzlich aufgenommenen 4,5 Milliarden Euro rascher zurückzuzahlen, mit denen der 25-Prozent-Anteil an Bertelsmann von der Finanzgruppe Groupe Bruxelles Lambert (GBL) aufgekauft wurde. Bis 2007 sollen die Schulden zurückgezahlt sein, unter anderem auch durch Verkäufe.
Die Eignerfamilie Mohn und die Bertelsmann-Stiftung vereinbarten mit dem Konzern der Zeitung zufolge für 2006 eine Dividende von 100 bis 150 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr erhielten die Familie und die Stiftung rund 167 Millionen Euro.
Die Bertelsmann-Stiftung hält knapp 58 Prozent der Anteile an Bertelsmann. Leitbild der Stiftung ist es, den gesellschaftlichen Wandel zu fördern. Im Jahr 2005 förderte sie Projekte in den Bereichen Bildung und Hochschulentwicklung in einer Höhe von rund 57 Millionen Euro. Familie Mohn besaß vor der Übernahme des 25-Prozent-Anteils von GBL direkt nur 17,3 Prozent an Bertelsmann.
In der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" verteidigte Thielen den Anteilsrückkauf und den Verzicht auf einen Börsengang. Während die Familie Mohn in Zukunft nur eine "sehr bescheidene Dividende" erhalten werde, hätte Bertelsmann bei einem Börsengang "Jahr für Jahr zwischen 300 und 500 Millionen Euro ausschütten müssen", sagte er. Zudem beurteilte er den Einfluss von Großaktionären und Hedge Fonds am Kapitalmarkt kritisch.
RTL-Beteiligung soll aufgestockt werden
Kleinere Zukäufe kann sich Bertelsmann laut Finanzchef Thomas Rabe trotz des fremdfinanzierten Aktienrückkaufs leisten. "Aber größere Akquisitionen werden wir uns in diesem und nächsten Jahr nicht erlauben, ohne dafür im Gegenzug andere Vermögenswerte zu verkaufen", sagte Rabe der Zeitung. Im Jahr 2008 soll die Finanzierungskapazität für Unternehmenskäufe dann wieder deutlich über einer Milliarde Euro liegen.
Mit Blick auf die vorgesehen Verkäufe zur Entschuldung des Medienkonzerns hatte Bertelsmann bislang mitgeteilt, nur den Musikverlag BMG Music Publishing zu verkaufen. Über einen möglichen Verkauf des 50-Prozent-Anteils an Sony BMG sagte Rabe: "Wir glauben an das Musikgeschäft und wir sehen eine positive Entwicklung, insbesondere im digitalen Geschäft. Aber wir schauen uns natürlich gemeinsam mit
Sony an, ob wir das Joint Venture finanziell optimieren können." Dabei ginge es nicht um einen Ausstieg, sondern um mehr Flexibilität.
Zudem sei es nicht geplant, dass sich Bertelsmann von einem kompletten Unternehmensbereich trennen werde oder einen ganz neuen aufbauen wolle. Die Beteiligung an der RTL Group, an der Bertelsmann 90 Prozent hält, soll "auf lange Sicht" auf 100 Prozent aufgestockt werden.