Axel-Springer-Fusionsverbot
"Springer ist selber schuld"
Kartellamtschef Ulf Böge hat sein Nein zur Übernahme von ProSiebenSat.1 durch Springer verteidigt. Die Schuld für das Scheitern gab er dem Springer-Konzern. "Die Hürde des Verkaufs von ProSieben war zu überwinden", so Böge. SPD und Grüne fordern unterdessen, Wirtschaftsminister Glos dürfe Springer keine Sondererlaubnis erteilen.
Berlin - Aus der SPD hieß es nach dem Entscheid des Kartellamtes, es gebe "keine Notwendigkeit für eine Ministererlaubnis". Die Sprecherin der Arbeitsgruppe für Kultur und Medien, Monika Griefahn, und der medienpolitische Sprecher der Fraktion, Jörg Tauss, begrüßten die Entscheidung des Kartellamtes.
Sie sei "folgerichtig und konsequent" und zugleich "Beleg dafür, dass die Aufsichtsbehörden zur Sicherung des Wettbewerbs wie auch zur Sicherung der Medienvielfalt in Deutschland auf der Basis des bestehenden Wettbewerbs- und Medienrechtes funktionieren".
Griefahn und Tauss wiesen darauf hin, dass eine Ministererlaubnis erteilt werden könne, wenn ein überragendes Interesse der Allgemeinheit bestehe oder die gesamtwirtschaftlichen Vorteile überwögen. "Eine derartige Notwendigkeit ist jedoch bei der geplanten Übernahme der Sendergruppe ProSiebenSat.1 durch den Axel-Springer-Verlag nicht erkennbar", sagten die SPD-Abgeordneten.
Auch die Grünen begrüßten die Entscheidung der Kartellwächter. "Die Fusion würde den Wettbewerb am Medienstandort Deutschland erheblich beschränken", erklärten die medienpolitische Sprecherin Gretje Bettin und der wirtschaftspolitische Sprecher Matthias Berninger.
Die Grünen kritisierten die Forderungen von mehreren Ministerpräsidenten, das Fusionsvorhaben mit einer Ministererlaubnis "durchzupeitschen". Es gebe "kein Interesse der Allgemeinheit, das die Ministererlaubnis rechtfertigen könnte". Die deutschen Medienkonzerne machten sich unglaubwürdig, wenn sie einerseits im Ausland expandierten und andererseits den Inlandsmarkt abschotten wollten.
CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer deutete aber an, dass es im alleinigen Ermessen von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) liege, ob es zu einer Ministererlaubnis komme oder nicht. Natürlich könne die politische Frage nicht beantwortet werden, ohne dass vorher in der Großen Koalition darüber gesprochen worden sei, sagte Ramsauer. Letztendlich treffe aber der Minister die Entscheidung.
Keine Ausländerfeindlichkeit, bitte
Keine Ausländerfeindlichkeit, bitte
Kartellamtschef Ulf Böge hat das Verbot der Fusion unterdessen verteidigt - sie hätte aus seiner Sicht gravierende Wettbewerbsbehinderungen gebracht.
Besonders betroffen wären der Fernsehwerbemarkt, der Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen und der bundesweite Anzeigenmarkt für Zeitungen gewesen. Auf dem Fernsehwerbemarkt herrsche schon heute ein "wettbewerbsloses Duopol" von ProSiebenSat.1 und der RTL-Gruppe ohne wesentlichen Wettbewerb durch Außenseiter, sagte Böge heute.
Einzig der zwischenzeitlich von Springer angebotene Verkauf von ProSieben hätte nach den Worten des Wettbewerbshüters den Weg für eine Genehmigung des Zusammenschlusses frei machen können. Doch scheiterte dies letztlich an der Forderung des Kartellamts nach einer Abspaltung des Senders noch vor einer Übernahme der ProSiebenSat.1-Gruppe durch Springer.
Böge betonte, die Wettbewerbsbehörde habe auf einem sofortigen Verkauf bestehen müssen, da jede andere Lösung "zu enormen wettbewerblichen Risiken geführt hätte". So hätte bei einer Treuhandlösung die Gefahr bestanden, dass in der Übergangsphase wichtige Filmrechte und Redaktionen von ProSieben zu anderen Sendern der Gruppe verlagert worden wären. Wäre der Verkauf von ProSieben letztlich gescheitert, hätte außerdem ein aufwendiges Entflechtungsverfahren durchgeführt werden müssen.
Bedenken, wegen der harten Haltung des Kartellamts drohe nun die Hälfte des deutschen Privatfernsehens in ausländische Hände zu fallen, wischte der Kartellamtspräsident vom Tisch. "Ich glaube man sollte dabei berücksichtigen, dass ProSiebenSat.1 schon heute einem Ausländer gehört", meinte Böge. Er halte eine solche Diskussion über die Rollen von Ausländern auf dem deutschen Medienmarkt aber auch deshalb für problematisch, weil gerade die deutschen Medienunternehmen in ausländischen Märkten sehr engagiert seien.
Die Schuld für das letztendliche Scheitern bei der Suche nach einer gütlichen Einigung gab Böge dem Springer-Konzern. "Die Hürde des Verkaufs von ProSieben vor einem Vollzug der Übernahme war zu überwinden", sagte Böge.