Axel Springer "Wir müssen aus dieser Falle raus"
München/Berlin - Im Tauziehen um die Übernahme der Sendergruppe ProSiebenSat1 durch den Axel-Springer-Konzern hat Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) von seinem Parteifreund und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos eine Sondererlaubnis gefordert. "Die Übernahme durch Springer ist das beste für die Zukunft", sagte Huber dem Magazin "Focus". Zuvor hatte sich bereits der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) vehement dafür eingesetzt, dass die Übernahme zu Stande kommt.
Unterdessen bemühen sich mehrere Landesmedienanstalten, die Ablehnung der Übernahme von Deutschlands größtem deutschen TV-Konzern durch Europas führendes Zeitungshaus durch die übergeordnete Medienkontrollbehörde KEK doch noch zu kippen. Dazu sollen nach übereinstimmenden Informationen des Medien-Branchendienstes "Kontakter" und von "Focus" für kommende Woche mehrere Sitzungen einberufen worden sein.
Glos müsse "abwegige Konstellationen" von Kommissionen und Kartellamt korrigieren, forderte Huber im "Focus". "Die SPD kann angesichts der Heuschrecken-Kampagne nichts dagegen haben", sagte der CSU-Politiker. Der Bundeswirtschaftsminister kann mit der so genannten "Ministererlaubnis" die für kommende Woche erwartete Ablehnung des Bundeskartellamts widerrufen.
Antrag auf Ministererlaubnis angeblich vorbereitet
Für den Fall, dass das Kartellamt wie erwartet einschreitet, werde Springer eine Ministererlaubnis beantragen, meldete die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) unter Berufung auf Unionskreise. Nach Gesprächen von Springer-Chef Mathias Döpfner mit führenden Unionspolitikern wie Koch bereite Springer einen solchen Antrag vor. Offiziell erklärt der Verlag, über einen Antrag auf Ministererlaubnis sei noch nicht entschieden
Die Landesmedienanstalten BLM in München und LMK in Ludwigshafen haben angeblich Schritte eingeleitet, um die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM) anzurufen.
Das übergeordnete Gremium der Medienanstalten könnte das Übernahme-Veto von KEK mit einer Dreiviertelmehrheit aushebeln und damit Springer-Chef Mathias Döpfner die medienrechtliche Hürde bei der Fusion aus dem Weg räumen.
Medienrat als Retter?
Medienrat als Retter?
Die BLM, die die Aufsicht über die ProSiebenSat1-Sender Neun Live, Kabel Eins und N24 führt, soll den Medienrat aufgefordert haben, am kommenden Donnerstag (26. Januar) über den Start eines KDLM-Verfahrens zu beraten. Zeitgleich soll sich angeblich der Hauptausschuss der rheinland- pfälzischen Medienanstalt LMK entscheiden. Die Aufsicht für Sat1 liegt in Ludwigshafen. Bei der Berliner Medienanstalt MABB, die ProSieben beaufsichtigt, wird die 150 Seiten starke KEK-Begründung noch ausgewertet. Im Lauf der kommenden Woche soll auch dort über das Procedere entschieden werden.
Die erste KDLM-Sitzung soll nach "Kontakter"-Informationen am 31. Januar sein. Eine Entscheidung könnte dann auf einer weiteren Sitzung im Februar gefällt werden. Bis Anfang April muss das Verfahren abgeschlossen sein. Es wird allerdings erwartet, dass kommende Woche auch das Bundeskartellamt die Übernahme des TV-Konzerns durch das Zeitungshaus ablehnt. Springer hatte im August 2005 die milliardenschwere Übernahme von ProSiebenSat1angekündigt.
Verhandlungen mit Saban über Aufschub
Um genug Zeit für das vier Monate dauernde Verfahren zur Ministererlaubnis zu haben, verhandelt der Großverlag laut Medienberichten nun mit dem US-Investor und ProSiebenSat1-Mehrheitsaktionär Haim Saban über einen entsprechenden Aufschub. Der mit Saban geschlossene Kaufvertrag gelte bislang nur bis März 2006 und könne dann gekündigt werden. Außerdem könnten beide Parteien nach einem Veto des Kartellamts vom Kontrakt zurücktreten.
Die ab Montag eigentlich fälligen Zinszahlungen auf dem Kaufpreis will Springer aussetzen, wie mehrere Zeitungen meldeten. Umgekehrt wolle Saban einen deutlich höheren Kaufpreis durchsetzen, berichtete die "SZ" unter Berufung auf dessen Umfeld weiter. Eine Verlagssprecherin sagte der Zeitung, die Verhandlungen mit Saban seien konstruktiv.
Vor dem Hintergrund des Übernahmepokers forderte der Chef der nordrhein-westfälischen Landesmedienanstalt, Norbert Schneider, Änderungen an den Regelungen zur Eindämmung der Medienkonzentration. Im Gegensatz zu deutschen Mediengroßkonzernen könnten sich ausländische ohne Probleme auf dem deutschen Markt einkaufen. "Aus dieser Falle müssen wir raus", sagte Schneider dem Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL. Denkbar wäre eine Beschränkung des Medienbesitzes für ausländische Investoren.
dpa, ap