Microsoft Der große Bruder soll helfen
Brüssel/Hamburg - Microsoft-Lobbyisten hätten sich bereits mit Vertretern des Weißen Hauses und des US-Justizministeriums getroffen, berichtet die "Financial Times".
Dabei hätten sie die Bush-Regierung gebeten, Microsofts Vorgehen in Brüssel zu unterstützen. Damit forciert der Softwarekonzern seine Bemühungen, gegen einen Spruch der Europäischen Kommission aus dem vergangenen Jahr vorzugehen, die Microsoft wettbewerbswidriges Vorgehen vorwirft. Microsoft hatte im August in Brüssel Einspruch gegen den Entscheid vorgelegt.
Microsoft soll außerdem US-Konzerne schriftlich aufgefordert haben, sich an Washington zu wenden und dort im Sinne des Softwarekonzerns aktiv zu werden, schreibt das britische Finanzblatt. In den Schreiben seien Telefonnummern und Namen von US-Regierungsbeamten aus dem Justizministerium und aus dem Weißen Haus genannt, so die "FT", die aus der Kopie eines der Briefe zitiert.
Darin würden den Firmen Argumentationsweisen für das Gespräch mit der Regierung vorgegeben. So sollten sie sagen: "Soviel ich weiß, hat Microsoft die US-Regierung gebeten, direkt in der Angelegenheit der Geschäftsgeheimnisse einzugreifen, und ich wollte, dass Sie wissen, dass unser Unternehmen dieses Ersuchen unterstützt." Bei einem der angeschriebenen Unternehmen soll es sich um einen Pharma-Konzern handeln.
Entscheidung nicht mehr in diesem Jahr
Die EU-Kommission hatte befunden, dass Microsoft seine dominante Stellung auf dem Markt für Betriebssysteme ausgenutzt habe. Der Konzern soll 497 Millionen Euro Buße zahlen und wurde aufgefordert, seine Geschäftspraktiken zu verändern - so soll er eine Windows-Variante ohne den bisher vorinstallierten Media Player liefern und Anbietern von Konkurrenzprogrammen erleichtern, diese in Windows zu integrieren.
Eine gerichtliche Entscheidung in der Angelegenheit wird frühestens 2006 erwartet. Der US-Konzern argumentiert, dass die EU-Regularien seinen Konkurrenten ermöglichen würden, Einblick in Geschäftsgeheimnisse zu erhalten.
Laut "FT" ist es nicht üblich, dass US-Konzerne ihre Regierung bitten, im Ausland für sie zu intervenieren. Wenn sich die US-Regierung in eine in der EU anhängige Kartellangelegenheit einmischen würde, wäre dies aber höchst ungewöhnlich.
Ein Microsoft-Sprecher sagte laut der "FT", die EU habe sich in den vergangenen Jahren in mehrere Kartellfragen eingeschaltet, die US-Unternehmen beträfen. Daher sei es sinnvoll, wenn auch die US-Regierung Stellung zu diesen Fragen nehme.