Mit der Übernahme des US-Softwareanbieters Retek will SAP seine Position in Amerika stärken und dem Konkurrenten Oracle Marktanteile abjagen. Vor allem das Geschäft mit dem Groß- und Einzelhandel soll ausgebaut werden. "Wir streben einen Marktanteil von 50 Prozent an", sagte SAP America-Chef Bill McDermott.
Stuttgart - SAP will mit der Übernahme des US-Software-Anbieters Retek seine schwache Marktposition bei Handelsunternehmen verbessern. Der Walldorfer Konzern gibt dafür fast eine halbe Milliarde Dollar aus.
Mit dem Zukauf will SAP seinen Marktanteil in den
USA schneller als bisher geplant steigern. Die angestrebte Marke von 50 Prozent soll bereits zum Ende
dieses Jahres erreicht sein. SAP America-Chef Bill McDermott
sagte auf einer Technologiekonferenz am Montag in San Francisco: "Wir streben einen
Marktanteil von 50 Prozent an." Das Ziel von SAP zum Jahresende
liege bei einem Marktanteil von rund 45 Prozent bis knapp unter
50 Prozent. SAP erwirtschaftet mit Software für Großunternehmen
in den USA rund ein Drittel seines Umsatzes.
Vor allem dem Konkurrenten Oracle, der jüngst den
Wettbewerber Peoplesoft übernommen hatte, will SAP Kunden
abjagen. Bisher hatte sich SAP zum Ziel gesetzt, den
50-prozentigen Marktanteil in den USA spätestens Mitte 2006 zu
erreichen. Ende Dezember 2004 hatte der Marktanteil von SAP auf
dem weltweit größten Software-Markt nach Unternehmensangaben bei
rund 40 Prozent gelegen. Der Marktanteil bezieht sich auf die
vier größten Wettbewerber in der an sich zersplitterten Branche.
"Exzellente Wachstumsmöglichkeiten"
Die Übernahme zählt zu den größten Akquisitionen von SAP in
den vergangenen Jahren. SAP-Vorstandssprecher Henning Kagermann begründete den
Kauf, dem die Wettbewerbsbehörden noch zustimmen müssen, mit
"exzellenten Wachstumsmöglichkeiten" in der Handelsbranche.
SAP werde mit Hilfe von Retek die umfassendste Softwarelösung für
den Handel zur Verfügung stellen können. Groß- und Einzelhandel
betrachteten Informationstechnik als strategisches Instrument im
Wettbewerb.
SAP ist bisher im Einzelhandel mit seinen standardisierten
Softwarelösungen im Vergleich zu anderen Branchen
unterrepräsentiert. Die mit geringen Gewinnmargen operierenden
Handelsunternehmen nutzen zum Großteil selbst entwickelte
Software-Programme.
"Retek hat einen guten Ruf in der Branche"
"Retek hat einen guten Ruf in der Branche"
Neben dem verbesserten Zugang zur Handelsbranche verspricht
sich SAP von dem Zukauf auch einen steigenden Gewinn. Finanzchef
Werner Brandt sagte, der um Akquisitionskosten und die Kosten
für Aktienoptionsprogramme bereinigte Gewinn je Aktie werde
durch Retek 2005 um einen mittleren einstelligen Eurocent-Betrag
zunehmen. SAP rechnet bisher mit einem Gewinn von 4,70 bis 4,80
Euro je Aktie.
SAP könne mit einer gelungenen Integration von Retek und
seinen innovativen Produkten profitieren, sagte auch BW-Bank-Anaylst
Helmut Bartsch. "Retek hat einen guten Ruf in der Branche",
sagte er. Der Kaufpreis sei vertretbar. JP-Morgan-Analyst Kunal
Dasgupta sagte, SAP könne den Kauf angesichts liquider Mittel
von rund 3,2 Milliarden Euro leicht verkraften.
Brad Whitt von RBC Capital Markets sagte, SAP und Retek hätten sich vor allem
in Nordamerika bislang ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Die
Integration der ähnlichen Produkte könne Probleme aufwerfen.
Die Retek-Übernahme folgt einer Partnerschaft mit dem
US-Computerriesen IBM, die SAP im Frühjahr vergangenen
Jahres mit Blick auf eine bessere Datenabwicklung und -erfassung
im Handel geschlossen hat. IBM und SAP entwickeln zusammen Soft-
und Hardwarelösungen für den Einzelhandel.
Die an der US-Technologiebörse Nasdaq notierten
Retek-Papiere stiegen am gestrigen Montag um 40 Prozent auf 8,42 Dollar.
Die im Deutschen Aktienindex Dax notierten SAP-Papiere
reagierten kaum auf die Nachricht. Auch zum heutigen Handelsstart notierten die Papiere um 122 Euro.