Werberstreit
VW droht mit Ausstieg aus WM-Kampagne
Mit einer Imagekampagne zur Fußball-WM 2006 wollen Bundesregierung und BDI dem Standort Deutschland international Glanz verleihen. Doch die Werbeagenturen haben sich laut einem Zeitungsbericht in einen heillosen Kompetenzstreit verstrickt. Die ersten Sponsoren sind bereits verschreckt.
Hamburg - Der Warnschuss kam aus dem Volkswagen-Konzern: "Wir sind unter der Prämisse hinein gegangen, dass es in der Kampagne auch um Fußball geht. Das ist aktuell nicht gewährleistet", sagte Sprecher Stephan Grühsem der "Financial Times Deutschland". Wenn das so bleibe, werde der Autobauer kein Geld ausgeben. Auch Siemens sei unzufrieden. "So klar ist das noch nicht, dass wir im Boot sind", zitiert die Zeitung den Siemens-Manager Dirk Miller.
Siemens bemühte sich am Nachmittag um Schadensbegrenzung. Das Zitat sei aus dem Zusammenhang gerissen, sagte ein Sprecher. Siemens stehe dem WM-Sponsoring weiter positiv gegenüber. Natürlich sei es nie ausgeschlossen, dass man doch noch aus dem Projekt aussteige. Es sei aber zu früh, solche Fragen zu diskutieren.
Grund für die Aufregung ist laut "FTD" ein Streit unter den drei mit der Kampagne beauftragten Werbeagenturen Scholz and Friends, Zum goldenen Hirschen und Lowe. Die Kreativen streiten dem bericht zufolge um Kompetenzen und Inhalte - ihre Ansätze seien so unterschiedlich, dass sie sich kaum unter einen Hut bringen lassen.
Bundesregierung: "Erfolg nicht gefährdet"
Die Bundesregierung reagierte heute gelassen. Sie sieht den Erfolg der Kampagne nicht gefährdet. Regierungssprecher Béla Anda sprach von ein "paar Rangeleien". Ohnehin sei ihm neu, dass "ein Automobilunternehmen aus Niedersachsen" Mitglied der Werbekampagne sei, sagte Anda weiter. Die Industrie, Bundesregierung und die Agenturen hätten großes Interesse an einem Erfolg.
Mitte Januar hatten die Agenturen ihre Konzepte einer 41-köpfigen Jury präsentiert: Scholz and Friends gewann den meisten Zuspruch mit der Kampagne "Land der Ideen", die sich vor allem an Investoren im Ausland richtet. Auf Platz zwei kam die Agentur Zum goldenen Hirschen, die den "FC Deutschland 06" ausruft und die Stimmung im Inland anheizen will.
Unter Führung von Scholz and Friends soll nun der Gesamtauftritt gestaltet werden. Hier beginnen laut "FTD" die Rangeleien unter den Werbern: Es sei nicht klar, wie die Kompetenzen verteilt sind. Laut FTD meine Zum goldenen Hirschen, Scholz and Friends gebe lediglich das Erscheinungsbild vor, bei den Inhalten seien aber alle Agenturen autonom.
Allianz, BASF und Obi warten ab
Allianz, BASF und Obi warten Präsentation ab
Die Agenturen müssen sich nun zusammenraufen, denn am 24. Februar sollen sie ein gemeinsames Kampagnenkonzept präsentieren. Stephan Grühsem droht der "FTD" zufolge, wenn bis dahin kein "stimmiges und schlüssiges Konzept" vorliege, werde sich Volkswagen nicht beteiligen.
Auch Allianz-Chef Michael Dieckmann will die Präsentation abwarten. "Danach entscheiden wir, ob und in welchem Umfang wir uns beteiligen werden", sagte er dem Nachrichtenportal SPIEGEL ONLINE. Der angebliche Streit der Agenturen untereinander beeinflusse aber nicht das mögliche Engagement der Allianz. Ähnlich hält man es bei der BASF: "Wenn die Kampagne klasse und vor allem politisch neutral ist, können wir uns ein Engagement sehr gut vorstellen."
Obi-Sprecherin Johanna Meessen sagte SPIEGEL ONLINE, sie verstehe die plötzliche Aufregung nicht: "Scholz and Friends hat ein überzeugendes Konzept vorgelegt. Jedes eingeladene Unternehmen hatte genügend Gelegenheit, Kritik zu äußern." Nun müsse man das endgültige Konzept abwarten. Eher unwahrscheinlich sei allerdings, dass Obi als Sponsor die Imagekampagne unterstützt. Man sei ja bereits offiziell nationaler Förderer der WM.
Opposition fürchtet Werbeeffekt für Bundesregierung
Die ersten Krisentreffen der Werber habe es bereits gegeben, der BDI versuche zu schlichten, berichtet die "FTD". "Fakt ist, dass es keine glückliche Entscheidung war, drei Agenturen mit der Kampagne zu beauftragen", sagte VW-Mann Grühsem der Zeitung. Die Bundesregierung und der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) setzen auf die drei Agenturen, um politische Ausgewogenheit zu gewährleisten.
Scholz-and-Friends-Chef Thomas Heilmann gilt als Vertrauter von Angela Merkel und ist CDU-Mitglied. Zum goldenen Hirschen dagegen ist die Hausagentur der Grünen. Die Opposition hatte zuvor die Befürchtung geäußert, die Bundesregierung könne die Kampagne im Bundestagswahljahr 2006 politisch für sich instrumentalisieren.
In diesem Jahr beträgt der Etat der Kampagne 20 Millionen Euro, 2006 sollen noch einmal zwölf Millionen Euro dazu kommen. Rund ein Drittel finanziert der Bund, den Rest sollen zwei Dutzend Unternehmen wie BASF, Allianz, Pumaoder Obi aufbringen.