Der angeschlagene Disney-Chef Michael Eisner hat die Unabhängigkeit des Unterhaltungsriesen erfolgreich verteidigt. Der größte US-Kabelnetzbetreiber Comcast zog sein Übernahmeangebot zurück.
Philadelphia - Der US-Kabelnetzbetreiber Comcast gab seinen feindlichen Übernahmeangriff nach zweieinhalb Monaten auf. Comcast habe das Angebot im Wert von 66 Milliarden Dollar (60 Milliarden Euro) angesichts fehlenden Interesses bei Walt Disney zurückgezogen, sagte Firmenchef Brian Roberts am Mittwoch. Man müsse wissen, wann es Zeit sei aufzugeben.
Damit dürfte der seit Monaten andauernde Druck auf Disney-Chef Michael Eisner nachlassen. Einflussreiche Aktionäre wie Walt Disneys Neffe Roy Disney hatten seinen Rücktritt gefordert und ihn aus dem Vorsitz im Verwaltungsrat gedrängt. Einige Großaktionäre warfen ihm strategische Fehlentscheidungen vor, die den Aktienkurs gedrückt hätten
Zudem kam es zum Bruch der Partnerschaft mit dem erfolgreichen Animationsstudio Pixar ("Findet Nemo") und schlechten bis katastrophalen Einspielergebnissen eigener Produktionen. Zuletzt landete die Filmsparte einen spektakulären Flop mit dem Geschichtsepos "The Alamo", das bei Produktionskosten von mehr als 100 Millionen Dollar am ersten Wochenende gerade einmal neun Millionen Dollar einspielte.
Comcast mit wenig Spielraum
Für den 44-jährigen Roberts ist es die erste große Niederlage, nachdem er 2002 durch die ebenfalls unfreundliche Übernahme der AT&T-Kabelsparte das einstige Familienunternehmen zum US-Marktführer ausgebaut hatte. Da der Konzern trotz eines rasanten Schuldenabbaus noch mit 22 Milliarden Dollar in der Kreide steht, hatte Roberts wenig Spielraum für einen langen Konflikt mit Disney.
Comcast wollte mit der Disney-Übernahme eigene Inhalte für die Kabelnetze gewinnen, zumal zu dem Unterhaltungsriesen auch die ABC-Fernsehkanäle gehören. Comcast hat bisher nur kleine Sender wie den Golf-Kanal und E! Entertainment Television.
"Es ist deutlich geworden, dass es seitens von Disneys Management und Verwaltungsrat kein Interesse gibt, Comcast und Disney zusammenzubringen", begründete Roberts am Mittwoch die Aufgabe. Comcast hatte am 11. Februar 0,78 eigene stimmberechtigte Aktien pro Disney-Anteil geboten. Im Kaufpreis von 66 Milliarden Dollar war auch die Übernahme von 11,9 Milliarden Dollar Disney-Schulden enthalten.
Comcast startete ins Jahr mit einem Quartalsgewinn von 65 Millionen Dollar nach roten Zahlen von 297 Millionen Dollar in den ersten drei Monaten 2003, wie das Unternehmen ebenfalls am Mittwoch mitteilte. Damit knüpft Comcast an die guten Zahlen zum Ende des vergangenen Jahres an. Der Umsatz stieg um 9,8 Prozent auf 4,9 Milliarden Dollar. Die Erlöse kommen fast ausschließlich aus dem Kabelgeschäft, das ebenfalls um 9,8 Prozent auf 4,6 Milliarden Dollar zulegte.
Comcast bedient in den USA mehr als 21 Millionen Kabelanschlüsse und fünf Millionen Breitbandzugänge. In den 20 wichtigsten US-Ballungsgebieten liegt der Marktanteil bei 70 Prozent. Das Unternehmen mit Sitz in Philadelphia hat 60.000 Beschäftigte.