Werbemüll Kein Ende in Sicht
Hamburg - "Privat Transaction", "Time matters", "Pick up Viagra on your way home" - die Flut an Werbe-E-Mails ist fast unendlich. Das Löschen der unerwünschten Werbezusendungen kostet Mitarbeiter in US-Unternehmen mittlerweile durchschnittlich zehn Minuten am Tag. Das hat das Marktforschungsunternehmen IDC herausgefunden. In IT-Firmen verbrächten die Angestellten sogar 43 Minuten täglich mit dem Löschen des Werbemülls. Und ein Ende der Spams ist noch nicht abzusehen.
Laut IDC gehen US-Manager sogar davon aus, dass sich das Spam-Problem in den nächsten zwei Jahren noch verschärfen wird. Dabei mache der Werbemüll in Nordamerika schon jetzt 32 Prozent des E-Mail-Verkehrs aus - doppelt so viel wie 2001. Die EU-Kommission geht für Europa bereits davon aus, dass jede zweite E-Mail eine Junk-Mail ist. In Deutschland sollen allein im vergangenen Januar rund 500 Millionen Werbe-E-Mails versendet worden sein, schätzt der Bundesverband der Verbraucherzentralen.
Die Lösung: Filterprogramme. Doch einen 100-prozentigen Sicherheit wird es kaum geben, meinen Software-Experten. Das Marktforschungsunternehmen Gartner rechnet damit, dass es sogar bis 2006 keinen wirksamen Schutz geben wird. Viele Unternehmen verzichteten noch auf den Einsatz von Filterprogrammen. Das liege unter anderem an den unterschiedlichen Ansätzen der Software-Entwickler. Unternehmen hätten daher Probleme, sich für ein Programm zu entscheiden. Zum anderen herrsche auch noch keine Einigkeit darüber, wie man Spammer identifizieren könne.
Tatsächlich scheint der Kampf gegen den Werbemüll fast hoffnungslos. "Ein Vorgehen gegen Spammer wird zunehmend schwieriger, da häufig Fremd-Server genutzt werden", sagt Rechtsanwalt Thomas Rickert im Gespräch mit manager-magazin.de. Die Verursacher täten alles, um die Spuren zu verwischen. So nutzten die Versender teilweise ähnliche Programme wie für Computerviren. Die unerwünschten E-Mails würden dann häufig von Servern abgeschickt, ohne dass die Besitzer davon etwas merkten. "Die Trojanisierung ist ein riesiges Problem", sagt Rickert. Der Anwalt setzt sich innerhalb des Verbands für Internetwirtschaft Eco gegen Spams ein. Er arbeitet dabei an einem "White Paper" für die juristischen Zielsetzungen.
In den USA wird das Versenden von Spams teilweise schon strafrechtlich verfolgt, sagt Rickert. In Deutschland regelt unter anderem das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb den E-Mail-Verkehr. Erst vor einigen Wochen ging die Novellierung dieses Gesetzes gemäß einer EU-Richtline durch den Bundestag, das nun auch den elektronischen Datenverkehr miteinbezieht. Rickert geht davon aus, dass das Gesetz noch im ersten Halbjahr 2004 in Kraft tritt.
In der Diskussion sei derzeit aber, ob das Spamming auch hier zu Lande strafrechtlich verfolgt werden sollte. Rickerts Meinung nach sei das nicht notwendig. Das Regelwerk reiche aus. Erst vor zwei Tagen hatte der Bundesgerichtshof (BGH) mitgeteilt, dass das Versenden von Werbe-E-Mails ohne vorherige Zustimmung des Empfängers gegen die guten Sitten verstoße und damit wettbewerbswidrig sei (Aktenzeichen: I ZR 81/01, 11. März 2004). Durch das Zusenden von Werbe-E-Mails entstehe eine Belästigung des Empfängers, hieß es.
Mit der Entscheidung sei man auf einem guten Weg, so Rickert. Allerdings hätte das Urteil des BGH nur bisherige Entscheidungen der Amts- und Landgerichte bestätigt. Hervorzuheben sei aber, dass nun klar geregelt sei, dass die Versender die volle Beweislast trügen. Endnutzern nütze das Urteil jedoch nicht viel. Denn nach dem Gesetz für unlauteren Wettbewerb können nur Konkurrenten den Mitbewerber vor Gericht bringen. Verbraucher könnten nur auf dem Umweg über eine Klage von Verbraucher- und Wettbewerbsverbänden gehen oder sich bei einem Rechtsstreit auf ihr Persönlichkeitsrecht beziehen.
Dem juristischen Kampf sind dabei allerdings Grenzen gesetzt. Denn selbst wenn innerhalb Deutschlands das Verschicken von Spams strafrechtlich verfolgt würde, könnte gegen viele der Versender nichts ausgerichtet werden. "Die meisten Werbe-E-Mails kommen aus dem Ausland", sagt Rickert. Und da gelten andere Gesetze.
Die SPD diskutiert derzeit dennoch über das Für und Wider einer strafrechtlichen Verfolgung von Versendern. Ausländische Spammer könnten - so die Hoffnung - vielleicht abgeschreckt werden, wenn sie nach einer Verurteilung bei einer Einreise in Deutschland mit Sanktionen rechnen müssten. Rickert: "An die professionellen Spammer ist es schwierig ranzukommen."