Microsoft Viel Feind, viel Wehr
Brüssel/Redmond - Der Softwarekonzern Microsoft kämpft derzeit an vielen Fronten. Auf internationaler Ebene versucht der Softwareproduzent das Vordringen von Opensource-Systemen in Behörden und Verwaltungen zu verhindern. In Brüssel geht am heutigen Freitag eine dreitägige Anhörung aller Beteiligten über einen vorgeblichen Missbrauch der Marktstellung zu Ende.
Am letzten Tag sollte die Konkurrenz des Softwareriesen zu Wort kommen. Diese beschuldigt Microsoft aber, Druck auf ihre Manager auszuüben, um deren Aussage beim laufenden Kartellverfahren der EU-Kommission zu verhindern.
"Ich kenne Manager von vielen Firmen, die bedauerlicherweise sagen, dass sie nicht zum Kartellverfahren kommen konnten, da es zu gefährlich für sie sei", erklärte der Chef des Branchenverbands Computer and Communications Industry Association, Ed Black.
Microsoft übe Druck auf seine Geschäftspartner aus, nicht zu der Anhörung zu erscheinen und Beweise für mögliche Kartellverstöße zu liefern. Microsoft wollte zu der Angelegenheit keinen Kommentar abgeben.
Kommt eine "Windows European Edition"?
Dafür klärte das Unternehmen die EU-Wettbewerbsbehörde darüber auf, was geschehe, wenn Microsoft sein Betriebssystem umschreiben müsse: denn dann würde der Softwarekonzern eine eigene Windows-Version für Europa herausbringen, wie Beobachter der Anhörung berichten. Eine solche "Windows European Edition" wäre laut Microsoft aber abgespeckt und nicht so komfortabel wie die Standardversion.
Hintergrund des Streits mit der EU ist der bereits aus dem Kartellverfahren in den USA bekannte Vorwurf, Microsoft nutze auch in Europa seine marktbeherrschende Stellung, um andere Softwareanbieter aus dem Internetgeschäft zu verdrängen. Besonders im Fokus stehen dabei Microsofts Internetbrowser sowie der Media Player zum Abspielen von Videos und Musikstücken aus dem Internet sowie Microsofts integrierte Netzwerksoftware.
Die EU-Kommission und ihr Wettbewerbskommissar Mario Monti vertreten den Standpunkt, alle Computerhersteller sollten frei entscheiden können, welche Software sie für die genannten Zwecke installieren. Außerdem müsse die zum Aufbau von Netzwerken notwendige Software unabhängig vom jeweiligen Betriebssystem problemlos funktionieren. Man habe Microsoft jedoch im Verdacht, seine Betriebssysteme so konzipiert zu haben, dass eben nur die eigene Netzwerksoftware diesen Anspruch voll erfüllt. Im Servergeschäft konkurriert Microsoft unter anderem mit Sun Microsystems.
Nach überzeugenden Argumenten sucht der Redmonder Riese derzeit auch in Fernost. In Japan zum Beispiel plant Microsoft jetzt den Aufbau einer Initiative für IT-Sicherheit. Unternehmenschef Steve Ballmer will so versuchen, die Regierung des Landes von ihrem Linux-Kurs abzubringen, wie das "Wall Street Journal" berichtet. Eine so genannte "Secure Computing Alliance" soll 40 bis 50 Unternehmen und Regierungsinstitutionen umfassen.
Microsoft, Dell, Yahoo, Oracle und RedHat in einem Boot?
Dem Blatt liegt ein Papier vor, aus dem hervorgeht, dass Microsoft versuche die PC-Hersteller NEC, Fujitsu, Dellund Sony, den Internetprovider Yahoo, die Antivirenhersteller Trend Micro und Symantec, die Konkurrenz von Oracle und Sun Microsystems sogar den Linux-Distributor Red Hat für das Bündnis zu gewinnen.
Die "Secure Computing Alliance" soll alle Informationen zum Thema Computersicherheit möglichst schnell an Unternehmen und Verbraucher weiterleiten. Ein Sprecher von Microsoft Japan hat die Pläne gegenüber dem "WSJ" grundsätzlich bestätigt.
Steve Ballmer setzt auf schnellen Sicherheitsservice
Mit dem daueraktuellen Thema Sicherheit versucht der Konzern auch anderweitig sich gegen den Vormarsch der Opensource-Software zu wehren. Medienberichten zufolge ändert Microsoft seine bisherige Vermarktungspraxis und argumentiert künftig nicht mehr über die vermeintlich günstigen Preise für Installation und Pflege der Produkte sondern setzt stattdessen auf einen schnelleren Sicherheits-Service.
Dazu habe das Unternehmen Marktforschungsinstitute beauftragt herauszufinden, wie schnell Microsoft Sicherheitslücken im Verhältnis zu Freier Software aufspürt und behebt. Aus Unternehmenskreisen hieß es, dass etwa Linux-Entwickler auf gravierende Mängel schnell reagierten, doch kleinere Lücken erst nach Wochen oder Monaten repariert würden.