Lkw-Maut Über 300 Brücken müsst ihr bau'n
Berlin - Beim Reizthema Maut schießt derzeit jeder gegen jeden. Kein Wunder, schließlich geht es um geschätzte 2,8 Milliarden Euro Mehrkosten pro Jahr für die Spediteure. Und darum, wer die Schuld daran trägt, dass zum Starttermin ein Abrechnungs- und Verkehrschaos ausbrechen könnte.
In der Kritik steht vor allem der Mautdienstleister Toll Collect, der für die Verzögerung von Lkw-Ausrüstungen verantwortlich gemacht wird. Um die Autobahngebühr möglichst genau abrechnen zu können, hatten sich das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und Toll Collect, ein Konsortium aus DaimlerChrysler, Deutscher Telekom und der französischen Firma Cofiroute, auf ein satellitengestützes System geeinigt.
Die Anzahl der dazu benötigten "On-Board-Units", kurz OBUs genannt, sollte nach ursprünglichen Berechnungen der BAG bei 150.000 Stück liegen. Viel zu wenig, um am Stichtag 31. August (0.00 Uhr) für die Mautabrechnung gerüstet zu sein, beklagen die Spediteure.
Nachfrage größer als geplant
Mindestens 100.000 OBUs mehr seien nötig, um den ersten Bedarf zu decken, so der Logistikerverband. Ob und vor allem wann sie geliefert werden können, darüber schweigt sich auch Toll Collect aus.
"Wir haben uns verpflichtet, 150.000 Stück zu liefern", sagt ein Unternehmenssprecher, "und daran werden wir uns voraussichtlich auch halten. Bislang sind 20.000 Geräte ausgeliefert." Dass nur 150.000 OBUs bestellt wurden, sei aber nicht die Schuld des Konsortiums, sondern gehe zurück auf Berechnungen des Bundesamts, an die man eben vertraglich gebunden sei.
Zusätzlich zu den GPS-gestützten OBUs hat sich Toll Collect noch weitere Möglichkeiten ausgedacht, um den Brummi-Verkehr zu kontrollieren. Zum einen können sich die Fahrer über einen der rund 3500 Terminals einbuchen. Diese Anlagen sind auf Autobahnraststätten über das gesamte Bundesgebiet verteilt. Und genau das, fürchten die Transporteure, könnte ebenfalls zum großen Problem werden.
Viersprachiges Callcenter-Team
Denn wenn alle Lkw ohne OBU an den Raststätten halten, verstopften sie sowohl die Raststätten als auch die Zufahrtsstraßen. "Da ist das Verkehrschaos vorprogrammiert", so ein Vorwurf. Immerhin hat Toll Collect die Terminals mit einer Art Notrufknopf ausgestattet. Kommt ein Fahrer mit dem System nicht klar, steht auf der anderen Seite ein Callcenter-Team zur Hilfe bereit - viersprachig: deutsch, englisch, französisch, polnisch.
Weitere 16 Sprachen hält Toll Collect für den Autobahn-Check-in im Internet parat, einer weiteren Möglichkeit zur Mauterfassung. Alles in allem ist Toll Collect dabei, alle notwendigen Voraussetzungen für den planmäßigen Start zu schaffen, so der Sprecher. Im Klartext: Das gesamte System befindet sich noch in der Aufbauphase. So werden gerade erst die Belastungstests der GPS-Anlagen durchgeführt.
Montage von rund 300 Mautbrücken läuft noch
Zudem verweisen die Mautdienstleister auf noch ausstehenden Handlunsgbedarf der BAG. Sie sei immer noch dabei, die rund 300 "Mautbrücken" aufzubauen, die benötigt werden, um die Lkw elektronisch zu kontrollieren. Derweil sind die Transport- und Speditionsunternehmen noch dabei, die neuen, erhöhten Preise für die Endkunden zu berechnen.
In naher Zukunft gibt es für alle Beteiligten also einiges zu tun. Über die weitere Zukunft von Autobahngebühren hat sich aber schon mal Bayerns Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU) Gedanken gemacht. Forderungen aus den eigenen Reihen nach einer "Maut für alle" - also auch für Pkw - kommentierte er mit den Worten: "Das ist eine Fernvision, ferner geht es nicht mehr."