KirchMedia Berlusconi klopft wieder an
München/Rom - Mehr als ein Jahr nach dem Zusammenbruch des Kirch-Imperiums soll die insolvente KirchMedia Medienberichten zufolge liquidiert werden. Das habe der Gläubigerausschuss entschieden, berichten die Internetausgaben von "Handelsblatt" und "Financial Times Deutschland" (FTD). Die Mehrheitsbeteiligung am TV-Konzern ProSiebenSat.1, wohl wertvollster Besitz der KirchMedia, solle in eine Zwischenholding überführt werden.
Weitere Anfragen von Investoren hätten "derzeit keinen Sinn", sagte KirchMedia-Insolvenzverwalter Michael Jaffé dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". "Der Gläubigerausschuss hat uns am Donnerstag ausdrücklich beauftragt, den Verkaufsprozess vorerst nicht fortzuführen. Wir ziehen das jetzt wie geplant allein durch." Der Neueinkauf von Rechten werde künftig komplett bei der Senderfamilie liegen.
Die römische Tageszeitung "La Repubblica" berichtete indes am Wochenende, der unter Kontrolle des italienischen Regierungschef und Medienzaren Silvio Berlusconi stehende Konzern Mediaset sei an ProSiebenSat.1 und KirchMedia interessiert. Zuletzt war Ende März über einen Einstieg von Berlusconi bei KirchMedia spekuliert worden.
Den letzten 200 Mitarbeitern droht die Entlassung
"De facto ist die KirchMedia tot, denn sie kann jetzt keine Neugeschäfte mehr machen", sagte Betriebsratsvorsitzender Guido Buchholz der FTD. Derzeit werde über Abfindungen verhandelt. Für die knapp 200 Mitarbeiter, die noch direkt bei der KirchMedia angestellt sind, bedeutet der Beschluss der Liquidation vermutlich die baldige Entlassung. Sie sollen am Montag über den Beschluss informiert werden.
Nach dem gescheiterten Verkauf von ProSiebenSat.1 und dem Filmrechtehandel an den US-Milliardär Haim Saban hat der Rechtehandel wahrscheinlich langfristig keine Zukunft mehr. "Die Liquidation der Filmbibliothek wird jetzt eingeleitet", sagte Buchholz dem "Handelsblatt". Der Bestand an Filmrechten solle verkauft werden.
Branchenbeobachter hatten bereits damit gerechnet, dass die Hypo-Vereinsbank, Bayerische Landesbank, DZ Bank und Commerzbank nicht mehr bereit sind, frisches Geld in den Filmstock zu schießen. Dagegen soll die Finanzausstattung der ProSiebenSAT.1 Media mit einer Kapitalerhöhung verbessert werden. Dies wird an diesem Montag auch Thema bei der Hauptversammlung der ProSiebenSat.1 sein.
Steigt jetzt Berlusconi groß ein?
Nach einem Bericht der römischen Tageszeitung "La Repubblica" habe der der italienische Medienkonzern Mediaset Interesse an dem ProSiebenSAT.1-Aktienpaket der KirchMedia bekundet. Bis Ende Juni wolle das zum Berlusconi-Imperium zählende Unternehmen mit dem französischen Sender TF1, der Investmentbank Lehman Brothers, dem arabischen Finanzier Al Waleed und anderen finanziellen Investoren den Gläubigerbanken der deutschen Gruppe ein Angebot vorlegen.
Zugleich sei das Konsortium zu einer Kapitalaufstockung für Prosieben Sat1 bereit, die neue Finanzquellen zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit dringend braucht. Außerdem wolle das Bündnis eben die Gesellschaft übernehmen, welche die Filmübertragungsrechte der deutschen Gruppe verwaltet, heißt es in dem italienischen Pressebericht.
Für Berlusconi, der über Fininvest und dessen Medientochter Mediaset bereits eine 4,76-prozentige Beteiligung an der Kirch-Gruppe halte, sei der Einstieg in die ProSieben.Sat1 ein Weg, um in Europa zu expandieren, berichtet die Internetausgabe des "Standard". Mediaset-Präsident, Fedele Confalonieri, habe kein Hehl daraus gemacht, dass sein Konzern wachsen müsse, um der Krise auf dem Werbemarkt Stand zu halten. Mediaset ist bereits in Spanien mit dem Privatsender Telecinco präsent. Im Vergleich zu anderen europäischen TV-Gesellschaften sei Mediaset aber noch klein und müsse wachsen, hätte Confalonieri kürzlich selbst gesagt.
ProSiebenSat1: Dämpfer für die Aktionäre KirchMedia: Banken pumpen 200 Millionen nach KirchMedia: Das Geschäft mit Saban ist geplatzt