Konsolen-Krieg Sony dreht auf
Hamburg - Der Absatz der Microsoft-X-Box kam nur langsam in Gang, konnte dann aber im Verlauf des letzten Jahres erste Achtungserfolge erzielen. Ein gnadenloser Preiskampf tat sein Übriges, die X-Box vom überteuerten Schätzchen zum konkurrenzfähigen Angebot zu machen. Allerdings nicht konkurrenzfähig genug.
Die Gegner am Markt heißen Gamecube - etwa zeitgleich gestartet wie die X-Box -, vor allem aber Playstation. Die ist von Sony und hatte sich bereits mehr als zehn Millionen Mal verkauft, bevor die erste X-Box auch nur zusammengeschraubt war. Sowas nennt man einen Vorsprung, den Microsoft nicht hat aufholen können. Täglich gehen weltweit etwa sechsmal mehr Playstations über die Ladentheke als X-Boxen - das tut weh.
Miese Zahlen für Microsoft
Technische Gründe dafür gibt es nicht, denn da hat die X-Box durchaus die Nase vorn. Dafür gibt es für die Playstation aber ungezählt viele Spiele, und für die X-Box nicht - und Spieler lockt man mit Spielen, nicht mit Boxen.
Auch der Start des tatsächlich schon jetzt populären X-Box-Live-Onlinedienstes hat darum kaum etwas ändern können. Eine halbe Million begeisterte Daddler beharken sich im Netzwerk, müssen sich aber auch dabei wieder mit einigen wenigen Spielen begnügen: Was "Live" zu bieten hat, befindet sich zum größten Teil noch in der "Promise"-Phase.
Sony dagegen verspricht in Sachen PS2 kaum noch etwas - die Kiste läuft sowieso, weil es phantastisch viel Futter für sie gibt.
Das alles kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Die großen Elektronik-Unternehmen weisen ihre Geschäftszahlen vierteljährlich aus, und was da schwarz auf weiß in der X-Box-Bilanz steht, sieht nicht gut aus:
- Im ersten Quartal 2003 erhöhte sich der Verlust von 97 Millionen Dollar im gleichen Zeitraum des Vorjahres auf stolze 190 Millionen Dollar;
- Der Umsatz lag bei gerade noch 453 Millionen Dollar gegenüber 778 Millionen Dollar im Vorjahresvergleich.
Dazu wäre allerdings noch eine dritte Zahl zu nennen: Der Preis der X-Box liegt heute bei 199 Dollar (respektive Euro) gegenüber 299 im Vorjahr - und selbst diesem Preis war ja bereits eine drastische Preissenkung vorausgegangen.
Karaoke statt Spielekracher
Karaoke statt Spielekracher
Das Minus erklärt sich also aus dem Preiskampf, sagt Xbox-Chef Robbie Bach, und daraus, dass das Unternehmen immer mehr Geld in Werbekampagnen und andere Promotion-Maßnahmen stecke, damit die Xbox ihre Marktposition behaupte. Eine weitere Preissenkung sei da nicht mehr drin.
Stattdessen plant Microsoft, die X-Box mit Bonbons und Zugaben aufzuwerten.
Zufürderst wäre da eine weitere Aufwertung des Live-Dienstes zu nennen. Bald schon soll echtes Teamplay ermöglicht werden, dazu soll es Messegingdienste geben, über die Daddler etwa postenzielle Gegener herausfordern können - von der Box aufs Handy oder den PDA.
Unvernetzten bietet Microsoft Software, die das "Entertainment-Center" X-Box, das Bill Gates gern in der Spielkiste sehen will, mit Foto- und Musik-Features aufwerten soll. "Musix-Mixer" etwa macht die Daddelkiste für nur noch 40 Dollar zur vollständigen Karaoke-Anlage.
Doch darin können Analysten nicht erkennen, was sie in Sachen X-Box am meisten vermissen: Einen echten Spielehit. Selbst X-Box-Chef Bach gibt zu, dass sich Microsoft das auch von Music Mixer nicht erwarte: "Wir erwarten nicht, dass wir davon Hunderttausende verkaufen".
Sonys nächste Attacke: Eine Playstation für die Westentasche
An Topsellern hat Sonys PS2 keinen Mangel, und ganz relaxed präsentieren sich die Japaner auch auf der derzeit laufenden Spielemesse E3. Große Versprechungen in Sachen PS2 macht Sony nicht mehr: Die Konsole hat ihre Kosten längst eingefahren, Nachfolgemodelle sind in der Entwicklung.
Eine echte Überraschung gelang Sony mit der Ankündigung, dass die erste Neuentwicklung bereits 2004 erscheinen solle: Die "PSP", kurz für "portable Playstation", wird als Gameboy-Konkurrent antreten, soll aber eng an die technische Plattform der PS2 angebunden werden. Im Klartext: Sony entwickelt eine Handheld-Playstation, die nicht nur in Bus und Bahn die Zeit verkürzen soll, sondern beispielsweise über das Internet auch in Wettbewerb mit echten, großen Konsolen treten können soll.
Die PSP, sagt Sony, werde alles können, was die PS2 heute beherrsche. Anders als beim Gameboy sollen bei der PSP Minidisks zum Einsatz kommen, die mit einem Fassungsvermögen von 1,8 Gigabyte auch komplexe Game-Programme möglich machen sollten. Das alles klingt wie Science Fiction, andererseits aber wie ein guter Plan: Sony zieht die Marke in die Breite, verbessert sein Standing durch eine Ausweitung der eigenen proprietären Plattform. Bereits ein Jahr später soll dann ja der PS2-Nachfolger erscheinen - ob die Konkurrenz da noch mitkommt?
Nintendos Kurs fiel kurz nach der Nachricht um steile elf Prozent, Sony kletterte derweil um fünf Prozent: Die Börsenhändler hatten einmal mehr auf ihre Weise klargemacht, wie sie die Nachricht bewerteten.