Bertelsmann Balanceakt des Oberaufsehers
Gütersloh - Der Aufsichtsratsvorsitzende von Bertelsmann , Gerd Schulte-Hillen, sorgt sich um die künftige Machtverteilung in dem Medienkonzern. Wie das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL in seiner jüngsten Ausgabe berichtet, kritisiert er in diesem Zusammenhang den Einfluss der Eigentümerfamilie um Reinhard Mohn (81), der zudem öffentlich seine Frau Liz als Nachfolgerin bestimmt habe.
Die Mitglieder der Familie kontrollieren mittlerweile vier der acht Sitze in der Bertelsmann-Verwaltungsgesellschaft, heißt es. "Wenn die Familie nun ein derart starkes Gewicht bekommen soll, wie Mohn es jetzt beabsichtigt, wird das Risiko von Fehlentscheidungen keineswegs kleiner", warnt Schulte-Hillen in dem Nachrichten-Magazin.
Auf die Frage, wie die Stimmung zurzeit im Gütersloher Management sei, antwortete Schulte-Hillen: "Irritiert. Unser großes Plus war immer, dass Unternehmertalente bei uns viel Gestaltungsspielraum, ein überzeugendes Unternehmensziel, Fairness, leistungsgerechte Bezahlung und Anerkennung erwarten können. Deshalb sind die Besten nach Gütersloh gekommen. Bertelsmann gilt immer noch als Karriererampe. Wenn wir es richtig machen, wird sich daran nichts ändern."
Thielen schaltete sich ein
Vor wenigen Tagen hatte sich in die Diskussion um die neue Rolle der Eigner-Familie Mohn beim Medienkonzern Bertelsmann der Vorstandsvorsitzende Gunther Thielen eingegriffen. Öffentliche Interpretationen könnten zu "Missverständnissen" führen, schrieb er am Freitag an die Mitarbeiter des Weltkonzerns mit Sitz in Gütersloh.
Bertelsmann-Patriarch Reinhard Mohn hatte den Einfluss seiner Frau Liz auf den Gütersloher Medienkonzern deutlich gestärkt. "Federführend für die Wahrnehmung des Familieneinflusses habe ich meine Frau eingesetzt", schrieb Mohn am vorvergangenen Wochenende in einem Beitrag für die "Welt am Sonntag".
Struktur "nach wie vor eindeutig"
Gleichzeitig wolle er den Einfluss der Familie auf den Medienkonzern stärken. Alle wesentlichen Entscheidungen in der Hauptversammlung der Bertelsmann AG sollten nur mit der Zustimmung der Familie getroffen werden.
Reinhard Mohn habe ihm versichert, dass die Führungskräfte auch bei der künftigen Konstellation Freiraum und Gestaltungsfreiheit hätten, schrieb Thielen. "Struktur und Aufgabenverteilung bei Bertelsmann sind nach wie vor eindeutig", hieß es in dem Brief. "Insofern liegt die Führungsverantwortung für das Unternehmen ganz eindeutig beim Vorstand."
"Grundsätze humaner Führung"
Bereits seit einiger Zeit sei Liz Mohn Sprecherin ihrer Familie und nehme deren Interessen im Gesellschafterkreis wahr. "Die Familie Mohn hat sich zur Aufgabe gemacht, die Grundsätze einer humanen Führung zu bewahren und dazu beizutragen, die Unternehmenskultur fortzuschreiben." Diese Aufgabe erfülle die Familie in den Gremien der Gesellschafter.
Die Beziehungen zu den Minderheitsgesellschaftern der Bertelsmann AG, den belgisch-kanadischen Finanzinvestoren Frère und Desmarais sowie ihrer Holding GBL (sie besitzt 25,1 Prozent der Aktien aber nur 25,0 Prozent der Stimmrechte der Bertelsmann AG) sei "freundschaftlich und gut". Ausdrücklich verwies Thielen darauf, dass auch die Zusammenarbeit zwischen Gesellschaftern, Vorstand und Aufsichtsrat vorbildlich sei.
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