AOL Geht Heddendorp?
Hamburg - Uwe Heddendorp will angeblich den Internetzugangsanbieter AOL Deutschland verlassen. Das berichten "Financial Times Deutschland" (FTD) wie auch "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) in ihren aktuellen Ausgaben gleichermaßen.
Der 36-jährige Manager ist seit 1999 als Vorsitzender der Geschäftsführung des Internetablegers des Medienkonzerns AOL Time Warner tätig. Nun sollen gleich mehrere Unternehmen bei Heddendorp angeklopft haben ("FTD"). Die "FAZ" will dagegen wissen, dass der Manager bei einem anderen namhaften Konzern eine Spitzenposition übernehmen wolle. Namen nennen jedoch beide Blätter nicht. AOL-Sprecher Marc-Sven Kopka will den Bericht gegenüber manager-magazin.de nicht kommentieren: "Wir sagen dazu nichts."
Heddendorp steht dem Unternehmen seit Jahren vor. Trotz großern Ambitionen hat er es hier zu Lande jedoch nicht geschafft, die Marktdominanz des Konkurrenten T-Online anzutasten. Immerhin ist es ihm gelungen, etwa 3,2 Millionen Abonnenten in Deutschland zu erreichen, die zweitgrößte Kundenzahl nach den USA. Dort ist AOL mit 35 Millionen Kunden unangefochtener Marktführer. In Deutschland rangiert AOL aber mit deutlichem Abstand auf Platz zwei. Auf Aufholjagd befindet sich unter anderem der italienische Provider Tiscali, der jüngst im Test der Stiftung Warentest bei den Services für Normal- und Vielsurfer am besten abschnitt.
Entscheidung in dieser Woche?
Möglicherweise haben jedoch auch personelle Veränderungen im Konzern Heddendorps Entscheidung beschleunigt, denn die Internetvisionäre bei AOL Time Warner wurden weitgehend verdrängt; an der Spitze des Konzerns dominieren nun die ehemaligen Time-Warner-Manager.
Erst vor kurzem wurde Heddendorp zudem ein Beirat zur Seite gestellt, der ihn in strategischen Fragen beraten sollte. Zu den Gremiumsmitgliedern gehören unter anderem Bernd M. Michael, CEO von Grey Global Group Mitteleuropa. Die Werbeagentur setzte für AOL die Boris-Becker-Kampagne um. Vor wenigen Tagen berief der AOL-Deutschland-Chef zudem Markus Wendel für das neu geschaffene Ressort "Regulierungs- und Wettbewerbsstrategie". Sollte dies eine seiner letzten Entscheidungen für AOL gewesen sein? Heddendorp wolle sich noch in dieser Woche entscheiden, wer sein neuer Arbeitgeber wird, schreibt die "FTD".
Prognose erneut gesenkt
Eines ist jedoch sicher: Der Manager würde AOL in einer schwierigen Zeit verlassen. Seit Monaten sorgt die Internettochter des Medienkonzerns für negative Schlagzeilen, erwies sich doch gerade die Onlinesparte als Belastung für das fusionierte Unternehmen. Doch nicht nur das, der Konzern musste auch Bilanzunregelmäßigkeiten zugeben. Dazu komme, dass just am Dienstag die "Financial Times" berichtete, dass der Konzern im Internetbereich weiter mit sinkenden Werbeeinnahmen rechnet.
Erst Anfang September hatte AOL Time Warner die Umsatz- und Gewinnprognose für seine Onlinesparte gesenkt. Schon damals hieß es, dass angesichts des immer noch schwachen Werbemarktes das Risiko eines weiteren Umsatzrückgangs bestehe.
Nun hofft das Unternehmen mit neuen Werbeformen, dem Geschäft wieder Leben einzuhauchen. Hoffnung setzt dabei der Konzern auf die neue Version seiner Internetzugangssoftware 8.0, die aber Presseberichten zufolge auf Pop-ups verzichtet. Die neue Softwareversion sollte nun am Dienstag in den USA vorgestellt werden, begleitet von Partys mit Promis und einer entsprechenden Werbekampagne. AOL ist damit eine Woche vor dem Konzern Microsoft dran, der für seinen Dienst MSN in der kommenden Woche die neue Zugangsoftware (ebenfalls Version 8.0) vorstellen wird.
Das neue AOL-Programm ist zunächst aber nur in den USA zu erhalten. Branchenkenner rechnen mit einer deutschen Version erst zum Ende des Jahres. Neben neuen Tools soll das Upgrade auch die Möglichkeit bieten, per Klopfzeichen Anrufe auf der Internetleitung anzuzeigen. Im Vorfeld kursierten Gerüchte, AOL wolle sich mit 8.0 vom Schmalbandgeschäft verabschieden und konzentriere sich nun nur noch auf die Breitbanddienste. Das Unternehmen dementierte dies jedoch.