Bertelsmann Internet auf Diät
Gütersloh - Nach dem Weggang von Konzernchef Thomas Middelhoff baut der neue Konzernchef Gunter Thielen den Gütersloher Medienkonzern Bertelsmann um. Alles was (noch) nicht profitabel ist und nicht zum klassischen Kerngeschäft gehört, wird auf die Waagschale gelegt. Seit dem Amtsantritt des Vorstandsvorsitzenden fürchten besonders die defizitären Internet-Töchter um ihre Zukunft.
Nun hat Bertelsmann offiziell verkündet, dass man sich von seinem verlustreichen Internet-Buchhändler BOL weltweit die Nummer zwei - weitgehend trennen wolle. "Wir überprüfen derzeit die Ausstiegsoptionen", sagte Gerd Koslowski, Sprecher der DirectGroup Bertelsmann, in der die Buchclubs und die E-Commerce-Aktivitäten des Konzerns gebündelt sind.
Bereits am Wochenende erfuhr manager-magazin.de von der Entscheidung gegen den Online-Buchhändler BOL (Jahresverlust 30 Millionen Euro). DirectGroup-Chef Ewald Walgenbach verhandelt nach Informationen von mm.de bereits mit Marktführer Amazon über den Verkauf der Marke. Möglich wäre auch eine Veräußerung an regionale Bieter. In Deutschland käme dabei der Internet-Händler Buch.de in Frage, an dem die Douglas Holding beteiligt ist.
Jedoch will sich der Konzern nicht ganz aus dem Online-Handel zurückziehen, wie es am Dienstag hieß. So will das Unternehmen an den Joint Ventures BOL Italien und BOL China weiter festhalten. Auch BOL UK bleibe bestehen, allerdings als Online-Buchclub für Bestseller, erklärt Koslowski gegenüber manager-magazin.de.
Abstoßen will der Konzern dagegen BOL Deutschland, Schweiz, Schweden und Niederlande. Ihnen wird nun zum Verhängnis, dass sie nicht eng genug an die Buchclubs angegliedert wurden. Denn Bertelsmann betont, der Konzern wolle sich nur von reinen Internet-Händlern trennen. Die Buchclubs sollen dagegen weiterhin ihren Onlinevertrieb behalten.
Nicht berührt von den aktuellen Umstrukturierungen werden auch der Web-Buchhändler barnesandnoble.com, ein Joint Venture mit dem größten stationären Buchhändler in den USA, sowie das Internet-Angebot BeMusic einschließlich CDNow, das in den Musikclub BMG Musicservice integriert ist.
Die DirectGroup Bertelsmann will sich nunmehr weltweit auf ihre Buch- und Musikclub-Geschäfte mit insgesamt 28 Millionen Kunden konzentrieren. Ziel ist es, so schnell wie möglich in die schwarzen Zahlen zurückzukehren. Der Jahresumsatz lag zuletzt bei 1,5 Milliarden Euro, der Verlust betrug vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 464 Millionen Euro.
Und die Umstrukturierungen zeigen bereits Wirkung. Wie Bertelsmann meldet, rechnet der Konzern im zweiten Halbjahr im Vergleich zum ersten Halbjahr mit einem höheren operativen Ergebnis und Umsatz. Das zweite Halbjahr falle traditionell besser aus, hieß es. Als Grund für den Anstieg des operativen Gewinns (Ebita von minus 884 Millionen Euro auf 157 Millionen Euro) gibt das Unternehmen an, dass Internet- und Restrukturierungsaufwendungen zurückgegangen seien.