Bertelsmann Thielen zieht die Bremse

Der neue Vorstandsvorsitzende Gunter Thielen will den Expansionskurs seines Vorgängers Thomas Middelhoff nicht fortsetzen. Erste Personalveränderungen erfolgen bereits. Joel Klein, Leiter der US-Verwaltung des Konzerns, verlässt Bertelsmann. Um ihre Zukunft bangen nun vor allem die Internetfirmen wie zum Beispiel BOL.

Gütersloh – Das Medienunternehmen Bertelsmann stoppt seinen Expansionskurs. Nach der Trennung von Thomas Middelhoff will der Konzern einen Konsolidierungskurs einschlagen und sich aufs Stammgeschäft konzentrieren.

Gunter Thielen solle das Unternehmen zwei bis drei Jahre leiten, schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Auch soll er den Vorstand umbauen. Die "Financial Times Deutschland" berichtet ebenfalls, Bertelsmann werde seine Geschäftsstrategie und Personalpolitik ändern.

Joel Klein muss gehen

Erste Entscheidungen des neuen Vorstandsvorsitzenden Gunter Thielen sind offenbar schon gefallen. So berichtet die "FTD", dass Joel Klein, Middelshoffs Schlüsselfigur bei seinen Expansionsplänen, das Unternehmen verlassen wird. Der ehemalige US-Wettbewerbshüter leitete bislang die US-Verwaltung der Konzernholding. Aus Unternehmenskreisen verlautete, Klein habe selbst seine Mitarbeit aufgekündigt und wolle eine neue Tätigkeit in der Stadtverwaltung von New York antreten. Mit dem Wechsel an der Konernspitze habe dies jedoch nichts zu Tun, heißt es.

Auf dem Prüfstand der Bertelsamnnführung könnte auch die von Middelhoff geschaffene Stelle des Chief Operating Officers (COO) stehen. Derzeit wird sie von dem ehemaligen RTL-Vize Ewald Wagenbach besetzt.

Stellenabbau hießt es auf jeden Fall für die Bertelsmann Direkt Marketing GmbH in Springe. Dort werden 30 Arbeitsplätze eingespart, berichtet die "Neue Deister Zeitung" am Dienstag. Doch sei dieser Schritt mit den konjunkturell und saisonalen bedingten Auftragsrückgängen begründet.

Der Wechsel an der Spitze des Konzerns wird jedoch tiefgreifender wirken. "Die Zeit teurer Visionen und wilder Akquisitionen ist vorbei" zitiert die "SZ" Vorstandskreise. Kostspielige Zukäufe für das TV- oder Musikgeschäft wird es wohl nicht mehr geben. Nun sei die Zeit der Konsolidierung angebrochen. Auf dem Prüfstand stehen die von Middelhoff besonders forcierten Projekte - besonders die Internetfirmen wie BOL müssen um ihre Zukunft bangen. Wie das "Wallstreet Journal" berichtet, wolle sich der Konzern zunächst von jeglichem Engagement bei der Musik-Tauschbörse Napster trennen. Auch solle der Verkauf des Fachverlags BertelsmannSpringer vorerst gestoppt und Verlagschef Jürgen Richter gehalten werden.

Auch der für spätestens 2005 anvisierte Börsengang steht zumindest in Teilen in Frage. So wolle die Familie Mohn keine eigenen Aktien an die Börse bringen, heißt es in der "SZ". Zu welchem Zeitpunkt die Mitgesellschafter Group Bruxelles Lambert (GBL) jedoch ihre Papiere platzieren wollen, ist offen. Die Gruppe hält einen Anteil von 25,1 Prozent an Bertelsmann und hatte im Gegenzug ihres Aktienpakets an der RTL Group beim Einstieg in den Konzern sich das Recht vorbehalten, die Anteile an die Börse zu bringen.

Die Eignerfamilie Mohn baut unterdessen ihren Einfluss auf das Unternehmen weiter aus. Liz Mohn, die Ehefrau des Patriarchen Reinhard Mohn, übernimmt den Vorsitz der Bertelsmann-Verwaltungsgesellschaft, die die Aktienmehrheit an dem Unternehmen kontrolliert.

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