Bertelsmann Börsengang vorverlegt?
Gütersloh - "Ich hätte gerne einen erfolgreichen Börsengang im Jahr 2003", erklärte der Manager gegenüber der "Financial Times". Möglicherweise werde Bertelsmann auch schon 2002 für den Schritt bereit sein.
Gleichzeitig relativierte Middelhoff gegenüber der Zeitung frühere Ankündigungen, er wolle die Umsatzrendite bis dahin von derzeit sechs Prozent auf zehn Prozent steigern. Nachdem Ängste von Mitarbeitern über diese Vorgaben laut geworden waren, sagte der Manager, die zehn Prozent seien nur ein Wunschziel, keine Planvorgabe. "Schlimmstenfalls erreichen wir nur sieben bis acht Prozent, und wenn wir die erreichen, ist das gar nicht schlecht."
Effizienz statt Massenentlassung
Der Manager betonte, es werde keine Massenentlassungen unter den 83.000 Konzernbeschäftigten geben. "Wir senken die Kosten auf Bertelsmann-Art, nämlich durch höhere Effizienz."
Middelhoff sagte, er teile das Bekenntnis zur Bertelsmann-Kultur und gehe davon aus, dass der Konzern seinen Hauptsitz in Gütersloh behalte. Wenn aber Bertelsmann als börsennotierter Konzern mit ländlichem Hauptsitz nicht funktioniere, gebe es keine Tabus.
Den Börsengang im Blick, verlangte der Bertelsmann-Chef von seinen Managern auch ein neues Verhalten im Umgang mit der Öffentlichkeit. Bertelsmann brauche eine "Kultur der einen Stimme". "Es geht nicht, dass hier jeder Interviews gibt. Ich werde die Vorstände bitten, in der Öffentlichkeit zurückhaltender zu sein", sagte Middelhoff.
Internet-Investitionen drücken Ergebnis
Der Mediendienstleister Bertelsmann Arvato hat im vergangenen Jahr seinen Umsatz kräftig gesteigert, beim Ergebnis aber deutliche Einbußen verzeichnet. Der Umsatz stieg im Geschäftsjahr 2001/2002 nach vorläufigen Zahlen um ein Drittel auf 5,9 Milliarden Mark, wie Arvato-Vorstandschef Gunter Thielen mitteilte. Das Ergebnis sank um 22 Prozent auf 283 Millionen Mark.
Grund seien vor allem die hohen Investitionen in die Internet-Aktivitäten des Unternehmens. Für 2001/2002 rechnet die Bertelsmann Arvato AG mit einem Wachstum von sechs bis sieben Prozent.
Wissen.de bald nur gegen Bezahlung?
In der Arvato AG hat der Bertelsmann-Konzern sein Druckerei-Stammgeschäft sowie Servicedienstleistungen, vor allem im Internet, zusammengefasst. Im Internet-Geschäft sieht Arvato insbesondere beim Internet-Portal Wissen.de Wachstumsperspektiven. In Wissen.de sollen zunehmend Inhalte der zahlreichen Bertelsmann-Lexika, für das Internet aufbereitet, gestellt werden. Mit dem Ausbau der Datenbanken des Portals sollen die Nutzer mittelfristig auch Geld bezahlen. Bisher ist das Stöbern in Wissen.de kostenlos.
Die ursprünglich bereits für 2000 geplanten Börsengänge der Arvato-Internet-Unternehmen Trust (Hotelreservierungen) und Empolis (EDV-Spezialprodukte) sollen wegen der "unsicheren" Lage am Neuen Markt dagegen weiter verschoben werden. Die Zahl der Arvato-Beschäftigten stieg im Geschäftsjahr 2001/2002 um 26,5 Prozent auf weltweit 22.500. In Deutschland beschäftigt Arvato rund 10.000 Menschen, davon allein 7000 in Ostwestfalen.