
Szene im Auktionsgebäude der Bundesnetzagentur in Mainz
Foto: DPADie Reaktion der Börse spricht für sich. Nachdem die fast drei Monate lange Auktion von Frequenzen für das zukünftige Mobilfunknetz der fünften Generation (5G) beendet ist, sprang der Kurs des Newcomers 1&1 Drillisch in die Höhe. Die Tochterfirma von Ralph Dommermuths Konzern United Internet, die seit Jahren für ihre Millionen Kunden die Infrastruktur anderer Unternehmen mietet, steigt erstmals selbst zum Netzbetreiber an der Seite von Deutscher Telekom, Vodafone und Telefónica auf.
Dass der Kurs steigt, lässt sich aber auch als Erleichterung deuten: Endlich ist die Auktion vorbei - und vor allem ist der ambitionierte Expansionsplan nicht noch teurer für Drillisch geworden. Ökonom Vitali Gretschko vom Mannheimer ZEW beschreibt den Auktionsverlauf als Wettbieten zwischen Drillisch einerseits und den drei etablierten Netzbetreibern andererseits, die sich gegenseitig in Ruhe ließen.
Dass Drillisch in den Markt drängte, trieb den Preis gegenüber den ursprünglichen Erwartungen hoch - solange, bis das hessische Unternehmen dann doch auf den letzten Frequenzblock verzichtete. So zahlte Drillisch immer noch 1,07 Milliarden Euro für 70 Megahertz. Seit sich das Wettbieten abzeichnete, ist der Aktienkurs gewaltig abgerutscht - mittelfristig fällt das Plus von diesem Donnerstag, das am Ende des Tages sowieso wieder weg war, kaum noch auf.
Noch teurer könnten in den kommenden Jahren die nötigen Investitionen werden, um die ersteigerten Frequenzen auch zu nutzen. Wettbewerber Freenet hatte auf eine Teilnahme an der Auktion verzichtet, weil die Gesamtkosten "wohl mindestens zehn Milliarden Euro" betragen würden. Außerdem wird besonders Drillisch auf Hilfe der Wettbewerber angewiesen sein, um Lücken in seinem neuen Netz zu schließen. Die als staatliche Auflage geforderte Roaming-Pflicht wurde deutlich aufgeweicht.
Drillisch zählt bisher zwar mehr als neun Millionen Mobilfunkkunden, großteils jedoch mit Discount-Marken. Am Umsatz gemessen, ist die Firma mit gut zwei Milliarden Euro deutlich hinter den etablierten Größen zurück. Allerdings gibt die Bilanz durchaus einigen Spielraum her. Das stärkste Argument für den Erfolg dürfte jedoch Dommermuths Entschlossenheit zum langfristigen Wachstum sein. Und im Vergleich zur 3G-Frequenzauktion (UMTS) von 2000, die einen Erlös von 99 Milliarden D-Mark brachte, für die damaligen Newcomer Mobilcom und Quam aber den Ruin, ist die aktuelle Runde sparsam verlaufen.
Telekom: "Wir ziehen unser Ding durch"

Telekom-Chef Tim Höttges
Foto: REUTERSDie teuersten Frequenzblöcke hat sich die Deutsche Telekom (Kurswerte anzeigen) gesichert: 130 Megahertz haben 2,17 Milliarden Euro gekostet. Laut ZEW-Forscher Gretschko haben anscheinend alle etablierten Netzbetreiber das bekommen, was sie wollten - nur teurer als gedacht; der Preis, um Drillisch den Markteintritt schwer zu machen.
"Wir haben das Spektrum erhalten, das wir wollten", zeigt sich Deutschland-Chef Dirk Wössner zufrieden. Die Kunden dürften sich auf "ein erstklassiges 5G-Netz für Deutschland" freuen. Bis 2025 will die Telekom 99 Prozent der Bevölkerung und 90 Prozent der Fläche des Landes mit 5G versorgen. Konzernchef Tim Höttges hatte schon lange verkündet, "wir ziehen unser Ding durch".
Das klingt viel positiver als die Wettbewerber. Die Telekom ist auch das einzige der beteiligten Unternehmen, dessen Aktienkurs auf Jahressicht gestiegen ist. Mit den anderen ging es im Auktionsverlauf um 20 Prozent oder mehr abwärts. Der deutsche Marktführer (acht Milliarden Euro Umsatz im Mobilfunk, aber nach Kundenzahl mit weniger als 45 Millionen SIM-Karten nur auf Platz 3) verdankt seinen aktuellen Erfolg allerdings vor allem dem US-Geschäft. T-Mobile USA sieht sich nach vielen Anläufen auf der Zielgeraden zur lukrativen Fusion mit dem Wettbewerber Sprint.

Auch für die Telekom aber sind die Multi-Milliarden-Kosten für den Netzausbau eine Herausforderung - vor allem, wenn die Geräte des chinesischen Netzausrüsters Huawei nur eingeschränkt verwendet werden dürfen. Schon "Europas erste 5G-Verbindung" in Berlin-Schöneberg, zur Funkausstellung 2017 von der Telekom stolz präsentiert, kam mit Huawei-Technik zustande. Ein Ausschluss der Chinesen würde laut interner Einschätzung des Konzerns den Netzausbau um Jahre verzögern. Die Wettbewerber haben übrigens dasselbe Problem.
Dass nun auch noch die bloße Lizenz zum Funken Milliarden kostet, stößt deshalb auch der Telekom übel auf. Der Betriebsrat warnt vor Stellenabbau. Und Landeschef Wössner beschwert sich: "Mit dem Auktionserlös hätte man ca. 50.000 neue Mobilfunk-Standorte bauen und viele weiße Flecken schließen können." Unabhängige Auktionsbeobachter kommentieren jedoch, die ersteigerten Frequenzen hätten Telekom und Co. auch zum halben Preis viel früher haben können. Teuer sei es vor allem geworden, weil sie Drillisch abschrecken wollten.
Vodafone: Erstmals Dividenden gekürzt - wegen deutscher 5G-Kosten

Funkmasten von Vodafone mit 4G-, 5G- und Radiotechnik in Berlin
Foto: Fabrizio Bensch/REUTERSWesentlich härter klingt die Kritik von den Wettbewerbern, die ausländischen Konzernen gehören und nicht über die Bundesbeteiligung an der Telekom mit dem Staat verbunden sind. Mit einer regelrechten Abrechnung reagiert Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter auf die 5G-Auktion. "Große Schäden" seien entstanden, weil der deutsche Staat den Netzausbau verteuert habe, anstatt wie in Finnland die Lizenzen zu verschenken. In der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" nannte er das Ergebnis gar "katastrophal".
Mit Blick auf die Marktposition steht Vodafone aber nicht so viel anders da als die Telekom. Für die gleiche Menge an Frequenzen (130 Megahertz) zahlte der britische Konzern 1,88 Milliarden Euro. Vodafone liegt mit sechs Milliarden Euro Umsatz im deutschen Mobilfunk bislang etwas zurück, kann sich aber nach der Zahl der Kunden (fast 48 Millionen SIM-Karten) sogar Marktführer nennen.
Unbestreitbar jedenfalls ist das Deutschland-Geschäft, aus der 190 Milliarden Euro teuren Rekord-Übernahme von Mannesmann geerbt, der wichtigste Einzelmarkt des globalen Konzerns, der sich zugleich anderswo zurückzieht. Der geplante Kauf des Kabelnetzbetreibers Unitymedia für 18,4 Milliarden Euro (einschließlich der osteuropäischen Schwesterfirmen) ist ein deutliches Zeichen für weiteren Expansionswillen. Falls der Deal durchgeht, hätte Vodafone noch ein zweites Standbein, um mit anderer Technik als dem 5G-Mobilfunk die gleichen Anwendungen zu bieten - und könnte den Vorteil der Telekom mit ihrem Festnetz kontern.
Das alles kostet jedoch einiges. Ausdrücklich unter Verweis der deutschen 5G-Kosten hat Vodafone erstmals in seiner Geschichte die Dividende gekürzt - und das von dem Konzern, der einst in kurzer Zeit fast 100 Milliarden Euro Abschreibung auf den Firmenwert von Mannesmann verkraftete.
Hannes Ametsreiter hat aber schon eine Idee, wie die Rechnung aufgehen könnte: Mit einem "5G-Bündnis" aus Netzbetreibern und Politik ließe sich "die Funkloch-Debatte in Deutschland ein für alle Mal beenden" - indem der Bund die Lizenzerlöse zur Förderung neuer Mobilfunkstationen verwendet. So bekämen die Konzerne ihr Geld wieder zurück.
Das klingt zwar nach linke Tasche, rechte Tasche. Der politische Wille aber, lieber in die Digitalisierung zu investieren als noch mehr Haushaltsüberschüsse anzuhäufen, ist da. Die insgesamt 6,55 Milliarden Euro fließen in das Sondervermögen "Digitale Infrastruktur", das Glasfasernetze auf dem Land und die digitale Ausrüstung von Schulen finanziert. Da viel mehr Geld hereinkam als erwartet, könnte der Auftrag erweitert werden.
Telefónica: Hoffen auf Kooperation statt Wettbewerb - oder doch Ausstieg?

Urkunde für die 5G-Frequenzen von Telefónica
Foto: DPA"Die Nummer eins im deutschen Mobilfunk stellt Weichen für 5G", meldet Telefónica Erfolg bei der Auktion. Woher der spanische Konzern den Titel nimmt, ist nicht ganz klar. Der Umsatz der Marke O2 liegt gleichauf mit Vodafone hinter der Telekom, in der Kundenzahl wurde die 2014 mit der E-Plus-Übernahme geschaffene Marktmacht schon 2017 von Vodafone überholt. Das aktuelle Auktionsergebnis (Telefónica zahlt 1,42 Milliarden Euro für 90 Megahertz) spricht für eine klare Nummer drei.
Telefónica Deutschland darf als Wackelkandidat gelten - eindeutig eine Branchengröße mit reichlich Kapital und Erfahrung, aber regelmäßigen Zweifeln am nötigen Durchhaltevermögen. Das Unternehmen schreibt fast chronisch rote Zahlen. Im Netzausbau (der bisherigen 4G-Technik) liegt es zeitweise vorn, hat aber auch den größten Nachholbedarf. Immer wieder wird spekuliert, die Spanier könnten ihr Deutschland-Geschäft zum Verkauf stellen.
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Aus dieser Position der Schwäche erklärt sich auch die Reaktion des Unternehmens. In vielen Punkten teilt Deutschland-Chef Markus Haas die Kritik seines Vodafone-Kollegen Hannes Ametsreiter. Von "Irrsinn" sprach Haas in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" - um gleich wieder auf konstruktiven Ton umzustellen.

Telefónica hat nach Auktionsende einen "Drei-Punkte-Plan" für eine deutsche Mobilfunkstrategie vorgelegt. Wichtigster Punkt: mehr Kooperation der Netzbetreiber, damit nicht alle Wettbewerber überall parallel jeweils eigene Technik aufbauen müssen. Mit der Telekom hat Telefónica schon ein umfassendes Kooperationsabkommen geschlossen. Vom Wettbewerb bliebe nach dem Plan aber nicht allzu viel übrig - und im Ergebnis wäre es wohl günstiger, der Staat hätte das Netz gleich selbst gebaut.