Was der Eon/RWE-Deal und die Groko-Pläne für die Energiebranche bedeuten "Milliarden werden in den Wind geschrieben"
Was ändert sich durch den Mega-Deal zwischen RWE und Eon in der Energiebranche? Und wohin führt die Energiepolitik der Großen Koalition? Dierk Paskert, Ex-Eon-Topmanager und Chef des Ökostromanbieters Encavis, gibt Antworten.
manager-magazin.de: Herr Paskert, der Megadeal zwischen Eon Börsen-Chart zeigen und RWE Börsen-Chart zeigen ordnet die Energiebranche neu. Zwei noch größere Konzerne entstehen, die zudem gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind. Eine Katastrophe für die Wettbewerber?
Paskert: Das ist sicher übertrieben. Durch den Deal werden die Aufgaben im Energiemarkt zunächst einmal nur neu geordnet . Eon macht Netze und den Vertrieb. RWE holt einen Großteil der Erzeugung, von Braunkohle bis zum Offshore-Windrad, unter ein Dach.
mm.de: Der Ökostromanbieter Lichtblick will juristisch gegen die Energieallianz vorgehen. Was bedeutet der Deal für kleinere Anbieter wie Encavis?
- Encavis
Paskert: RWE Börsen-Chart zeigen kann Investitionen einfacher stemmen, weil das Unternehmen noch besser Skaleneffekte nutzen kann. Aber das gilt in erster Linie für Wind-Offshore, also große Anlagen auf hoher See, die Milliarden kosten. Wir betreiben ein kleinteiligeres Geschäft mit Photovoltaik und Windparks an Land. Wir fürchten deshalb keine großen Verwerfungen. Photovoltaik war bisher weder bei Eon noch RWE wirklich im Fokus. Da wird also nicht das Koordinatensystem komplett neu gesteckt.
mm.de: Also doch: viel Lärm um Nichts?
Paskert: Es ändert sich schon etwas für die Energiebranche. Es waren ja nicht die Konzerne, die das Geschäft mit erneuerbarer Energie vorangetrieben haben. Anfangs haben die sich komplett herausgehalten. Da waren es reine Finanzinvestoren, die sich engagiert haben und die staatliche Förderung kassierten. Bürgerwindparks, Zahnärzte, die Geld anlegen wollten, fast jeder Landwirt ließ sich Rotoren auf den Acker stellen. Ein extrem fragmentierter Markt . Ein Effekt der Neuordnung und der Ausschreibungen wird sein: Diese Überfragmentierung wird es künftig nicht mehr geben. Geschäftsmodelle, bei denen man die Rendite allein aus der energiewirtschaftlichen Logik ziehen muss, werden künftig im Mittelpunkt stehen.
mm.de: Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag den Rahmen für die neue Energiepolitik gesetzt. Ein Meilenstein?
Paskert: Nein, das ist die Vereinbarung gewiss nicht. Die Pläne spiegeln eher die Not wieder, die sich aufgetan hat. Deutschland ist mit Bravour in die Welt der erneuerbaren Energien gestartet und hat ab 2012 dramatisch nachgelassen. Nun werden wir links und rechts von anderen Ländern überholt. Den Nimbus der Vorzeigenation haben wir komplett verloren. Es wurde weniger zugebaut, gemessen an früheren Zuwachsraten. So ist es auch kein Wunder, dass wir die Co2-Ziele bis 2020 nicht erreichen werden. Die Regierung hat das kurzfristige Ziel aufgegeben und dafür das längerfristige bis 2030 ambitionierter gestaltet. Deshalb müssen die Politiker jetzt mehr Zubau garantieren. Woher der kommen soll, ist allerdings völlig offen.
- 1. Teil: "Milliarden werden in den Wind geschrieben"
- 2. Teil: "Ankündigungen der Koalition in Konflikt mit Bundesländern"
- 3. Teil: "Umstellung von Festvergütung auf Ausschreibungen war überfällig"
- 4. Teil: Datenfarmen mit Ökostrom: Google und Apple unter Zugzwang
- 5. Teil: "Es kann so laufen wie in den USA"
© manager magazin 2018
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der manager magazin Verlagsgesellschaft mbH