Mercedes SL Flügeltür mit Folgen
2. Teil: Ein SL für Breschnew
Die "Pagode" kommt
1963 passte Mercedes den SL den flotten 60er Jahren an, die gewölbten Formen verschwanden, die "Pagode" wurde eingeführt. Das eckige Dach des Zweisitzers erinnerte viele Betrachter an einen asiatischen Tempel mit schrägen Seiten.
1971 kam die bisher erfolgreichste Generation des SL heraus, die Baureihe R107. Prominente Fahrer hier: "Dallas"-Serienstar Bobby Ewing, die Zuhälter auf der Hamburger Reeperbahn und der sowjetische KP-Generalsekretär Leonid Breschnew. Der Russe bekam den Wagen 1973 in der 450 SLC-Version vom damaligen Bundeskanzler Willy Brandt geschenkt, als Breschnew Deutschland besuchte. Bei einer nächtlichen Probefahrt fuhr er eine Beule in das Auto.
Die fetten 90er
Nach 18 Jahren und 237.000 hergestellten Autos wurde die Produktion 1989 eingestellt. Wie in allen anderen Modellen spiegelte sich auch in der Nachfolgegeneration des SL der Zeitgeist: Die fetten 90er Jahre brachten einen ebenso fetten SL hervor, voll gestopft mit technischen Erneuerungen wie dem ausklappbaren Überrollbügel, der in 0,3 Sekunden hoch schnappt, oder dem ersten Zwölfzylindermotor oder dem Windschott hinter den Sitzen, damit es im kahlen Nacken nicht so zieht.
204.000 Modelle liefen im Bremer Werk vom Band, wohin die SL-Produktion verlagert worden war. Hier entsteht auch der kleine und deutlich billigere Bruder des SL, der SLK, der 1996 herauskam.
"Moden vergehen, der SL bleibt", stellte DaimlerChrysler-Vorstand Jürgen Hubbert fest, als er den jüngsten SL 2001 in Hamburg präsentierte. Der Wagen wirkt in Nach-Börsenboom-Zeit schlanker als der Vorgänger und wiegt 50 Kilo weniger. Dass es mit der neuen Bescheidenheit bei Mercedes aber nicht ganz so weit her ist, zeigen zwei Details: Der Kofferraum wurde so gestaltet, dass zwei Golfsäcke hineinpassen, wie Hubbert sagte. Und: Das Auto kostete zu Beginn 94.300 Euro. Immerhin weniger als 50.000 Euro pro Sitz.
Claus-Peter Tiemann, AP
- 1. Teil: Flügeltür mit Folgen
- 2. Teil: Ein SL für Breschnew
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