24.04.2017
Von Goldman Sachs zur AfD-Spitze
Was AfD-Frontfrau Alice Weidel mit wirtschaftsliberal meint
Von Arvid Kaiser
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Eine schillernde Figur schickt die Rechtspartei AfD als Spitzenkandidatin in die Bundestagswahl: Alice Weidel, Unternehmensberaterin und mit 38 schon Veteranin von Goldman Sachs, Allianz, sechs Jahren China und der Berliner Startup-Schmiede Rocket Internet.
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Als "liberal-konservativ" präsentiert Weidel sich wählbar für das bürgerliche Lager. Im Gegensatz zu AfD-Parteigründer Bernd Lucke, der sich mit seinem Verein "Liberal-Konservative Reformer" abgeseilt hat, bringt sie aber einen Zusatz: "liberal-konservativ im Sinne der Einheit der Gesamtpartei".
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Von solchen "Reflexreaktionen eines Verlierers" hält Weidel nichts. Eingetreten war sie 2013, als bürgerliche Figuren wie Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel den Ton vorgaben und Volkswirtschaftsprofessoren wie ihr Doktorvater Peter Oberender. Ihr wichtigstes Motiv: die marktwirtschaftliche Ordnung wahren, die nach ihrer Auffassung von klaren Regeln und strikten Sanktionen abhängt. Das teils unter ihrer Führung erstellte AfD-Grundsatzprogramm wirbt für einen "schlanken Staat für freie Bürger".
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Alice Weidel leitet den Bundesfachausschuss Euro und Währung und ist damit für das Thema Nummer eins der alten AfD zuständig, bevor der Fokus auf Asyl und Islam rückte: "Dauereurorettungen und eine gewaltige Vermögensumverteilung". Sie fordert die "Abwicklung des Eurowährungsgebietes". Der Euro sei "klinisch tot".
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Die inhaltliche Klammer für alle AfD-Themen ist die Klage, dass jemand Fremdes Geld vom Staat bekommt. Alice Weidel beherrscht den Ton: Sie kritisiert, dass die Deutschen "noch mit ihren Steuergeldern einem Millionenheer von ungebildeten Migranten aus dem Nahen Osten und Afrika eine Rundumsorglos-Vollversorgung finanzieren".
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Dass trotz aller Krisen die Lage von Staats- und Sozialkassen gerade vergleichsweise entspannt ist, macht sie erst recht wütend. Wenn Unionspolitiker wie Wolfgang Schäuble oder Horst Seehofer von Steuersenkung reden, nennt Weidel das ironischerweise "populistisches Wahlkampfgetöse". Einerseits argumentiert sie, das Volk werde belogen, das sei nicht finanzierbar und der Sozialstaat stehe vor dem Kollaps. Andererseits hält sie genau das für überfällig: eine drastische Senkung der Steuerlast.
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Die Sozialversicherung ist aus Weidels Sicht ohnehin überstrapaziert. Schon unter Deutschen würde sie sich mehr Eigenverantwortung und weniger Solidarität wünschen. Und dann müssten die gesetzlich Versicherten auch noch "die Gratis-Krankenversicherung der zahllosen Migranten mit ihren Steuern und Beiträgen mitfinanzieren".
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Über die Alterssicherung hat Alice Weidel sogar promoviert, genauer gesagt das chinesische Rentensystem. Das deutsche Umlageverfahren stehe "mittelfristig vor dem Zusammenbruch". Dass es in Zeiten von Sparüberschüssen um die von ihr favorisierte kapitalgedeckte private Altersvorsorge (und die private Krankenversicherung) kaum besser steht, hat sie erkannt.
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Wie gut, dass es auch dafür einen ausländischen Sündenbock gibt: die von Mario Draghi geführte Europäische Zentralbank. Deren Null- und Negativzinspolitik, um "marode Südländer" im Euro zu halten und die Inflation zu befeuern, müsse sofort beendet werden. Durch die EZB-Anleihenkäufe werde "der Markt ad absurdum geführt", dies sei "der Weg in eine Wirtschaftsdiktatur".
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500-Euro-Scheine haben die wenigsten Deutschen je gesehen. Aber das Aus für großes Bargeld eignet sich bestens, um weiter Angst zu schüren. Weidel sieht "das Ende der Freiheit und den Weg in eine ewige Knechtschaft". Die AfD sei die einzige Partei mit einer Geldsystemkritik im Grundsatzprogramm. Darin wird sogar eine Rückkehr zur Goldbindung angedeutet.
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Führung verlangt Alice Weidel vom Staat in einer Frage: "Deutsche Wirtschaftsinteressen müssen im In- und Ausland als oberstes Interesse umgesetzt werden." So solle Konzernen wie Volkswagen, die in den USA Geldbußen zahlen müssen, der Rücken gestärkt werden. Dass Dax-Aktien mehrheitlich von Ausländern gehalten werden, sieht sie als Risiko. So könne kein Druck auf die Konzerne für deutsche Interessen ausgeübt werden.
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Geld ausgeben soll der Staat nach Weidels Vorstellung aber möglichst gar keines. Ihr ist die "Proletarisierung der Gesellschaft" ein Gräuel. Ihre wirtschaftsliberalen Positionen werden vom Großteil der Partei nicht geteilt, die will eher einen Sozialstaat nur für Deutsche. Entsprechend sieht das Wahlprogramm für 2017 aus, ganz anders als das im Vorjahr unter Weidels Ägide verabschiedete Grundsatzprogramm.
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Für Weidel aber alles kein Problem. An der Seite des Nationalkonservativen Alexander Gauland im Wahlkampf-Spitzenduo fühlt sie sich wohl. Auch mit Rechtsaußen Björn Höcke will sie gerne im Wahlkampf auftreten, solange über dessen Parteiausschluss nicht entschieden ist. Den Mindestlohn kann sie ja leise in einem Nebensatz kritisieren. Hauptsache Disziplin.
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Sichtlich gelöst: Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich über die Höhe des Wahlergebnisses für ihre Partei überrascht gezeigt. "Dass es so deutlich ausfällt, das habe ich mir in den kühnsten Träumen nicht vorstellen können."
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Niederlage eingeräumt: SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz stellte fest, "dass die CDU ganz eindeutig die Wahl im Saarland gewonnen hat". Da gebe es "nichts zu beschönigen".
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Fortsetzung folgt: Annegret Kramp-Karrenbauer will die Große Koalition gern fortsetzen. SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger dürfte mangels Alternativen wenig anderes übrig bleiben, als mitzumachen.
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Mehr erwartet: Die Anhänger der SPD sind an diesem Abend offenbar nicht zufrieden mit dem Wahlergebnis.
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Keine Partylaune: In den letzten Umfragen hatte es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen ausgesehen. Davon ist die SPD weit entfernt.
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Nicht auf Platz gespielt: Die saarländische SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger sagte, man habe siegen wollen. Sie räumte ein, dass die vor der Wahl nicht ausgeschlossene Option für ein rot-rotes Bündnis Wählerstimmen gekostet haben könnte.
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Gestenreich: Statt ihren eigenen Sieg zu feiern, umarmte Rehlinger am Sonntagabend ihre Konkurrentin Kramp-Karrenbauer.
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Hoffnungsträger adé?: Die saarländische SPD hatte sich vom Kanzlerkandidaten Martin Schulz deutliche Zugewinne erhofft - stattdessen verlor sie im Vergleich zu 2012 etwas.
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Schwarzer Peter: Nach den ersten Ergebnissen machten sich Linke und SPD gegenseitig dafür verantwortlich. Für Oskar Lafontaine sollte das Bündnis sein großer Coup werden - den der 73-jährige Linke aber wohl verpasste.
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Auch wenig glücklich: Grünen-Chefin Simone Peter musste sich im Saarland zu einem miserablen Ergebnis äußern. Ihre Partei verpasste den Wiedereinzug in den Landestag.
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So sieht Freude aus: Jubel auf der CDU-Wahlparty nach Bekanntgabe der Prognose.
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Zufriedenes Lächeln: Der saarländische AfD-Spitzenkandidat Rolf Müller wertete den Einzug seiner Partei in den saarländischen Landtag als Erfolg. Tatsächlich schnitt sie weit weniger gut ab als in anderen Bundesländern.
Die Personalwirren der Rechtspartei AfD treiben manchmal skurrile Blüten. Als Landeschefin in Baden-Württemberg ist die Unternehmensberaterin Alice Weidel, 38 und zweifache Mutter in lesbischer Lebenspartnerschaft, also qua Lebenslauf schon in mehrfachem Widerspruch zum Selbst- und Fremdbild der Truppe, an Ralf Özkara gescheitert - seinerseits verheiratet mit einer muslimischen Unternehmerin, deren türkischen Familiennamen er angenommen hat.
"Du hast mich abgeschossen", giftete sie gegen Parteichef Jörg Meuthen, der als Vertreter des wirtschaftsliberalen Professorenflügels gestartet und in parteiinternen Rechtsaußen-Allianzen gelandet war.
Doch das war im März. Jetzt ist April, und Alice Weidel hat den Olymp der Bundespartei erklommen: die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl im Duo mit dem knorrigen Nationalkonservativen Alexander Gauland, als junges Gesicht für die "liberalkonservative Mitte".
"Wirtschaftlicher Sachverstand ist bei der AfD zu Hause", reklamiert die Volks- und Betriebswirtin vom Bodensee, die über Chinas Rentensystem promovierte, sechs Jahre in China lebte, nach dem Studium bei der Investmentbank Goldman Sachs begann, ins Vorstandsbüro von Allianz Global Investors weiterzog und heute Start-ups beim Wachstum berät. Oliver Samwers Firmenschmiede Rocket Internet zählt zu ihren Stationen.
Laut "Zeit" wählte Weidel früher die Grünen und die FDP, wandte sich aber nach dem Ausbleiben der großen Steuerreform von Schwarz-Gelb ab und fand ihre politische Heimat erst in der AfD, die damals als Anti-Euro-Partei unter Volkswirten wie Bernd Lucke und Ex-BDI-Chef Hans Olaf Henkel antrat. Ihr Doktorvater, der inzwischen verstorbene Bayreuther Gesundheitsökonom Peter Oberender, zählte ebenfalls zu den Unterstützern.
Passt irgend etwas nicht zusammen? Hat Weidel sich verirrt, der AfD in ihrem strammen Rechtskurs die Treue zu halten, während ihre Vorbilder von Bord gingen?
Tatsächlich kam sie erst in den Bundesvorstand, als Lucke im Streit mit der inzwischen ebenfalls demontierten Frauke Petry austrat. Luckes Abgang kommentierte sie als "Reflexreaktion eines Verlierers". Sie besetzt einerseits die Rolle als Flügelfrau mit dem Vorsitz des Bundesfachausschusses Euro und Währung, beruft sich auf Institutionen wie die arbeitgeberfinanzierte Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, die sich oft kaum gegen die Vereinnahmung durch die AfD zu wehren vermögen.
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Emmanuel Macron ist der Sieger der französischen Präsidentenwahl. Die Kampagne seiner neu gegründeten Bewegung "En Marche" präsentierte den 39-Jährigen als politischen Außenseiter, der das System reformieren will. Doch zu dem Ex-Wirtschaftsminister hält auch die Geldelite des Landes - nicht nur aus Angst vor der EU-Gegnerin Marine Le Pen. Schon vor Macrons Sieg im ersten Wahlgang hatten sich die reichsten Franzosen von ihrer uralten Allianz mit den Konservativen gelöst - mit wenigen Ausnahmen ...
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Marc Ladreit de Lacharrière, 3 Milliarden Euro Vermögen
Der treue Unterstützer war zugleich das große Problem für François Fillon (links): Der konservative Ex-Premier, im Januar noch führend in den Umfragen zur französischen Präsidentenwahl, scheidet als Drittplatzierter aus der Stichwahl aus. Staatsanwälte ermitteln wegen Scheinjobs für Fillons Ehefrau. In der Affäre spielt auch der Multiaufsichtsrat und Großaktionär der Ratingagentur Fitch eine Rolle. Ladreit de Lacharrière soll Fillon auch privat Geld geliehen haben, wurde umgekehrt mit dem Orden der Ehrenlegion bedacht.
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Martin und Olivier Bouygues, 3,75 Milliarden Euro Vermögen
Bau- und Telekommagnat Martin Bouygues, zu dessen Imperium auch der größte Fernsehsender TF1 gehört, ging einst im Präsidentenpalast Elysée ein und aus, war mit Nicolas Sarkozy befreundet.
Doch inzwischen hat er seinen Draht zu den Republikanern verloren. Er nimmt Fillon einen Coup von 2012 übel, als dieser eine Krankheit Sarkozys ausnutzte, um einen vierten Mobilfunkanbieter zuzulassen - was vor allem Bouygues' Interessen zuwiderlief. "Hat überhaupt jemand eine Marktanalyse gemacht?", mokierte sich der Unternehmer.
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Vincent Bolloré, 5 Milliarden Euro Vermögen
Der Firmenjäger und Bouygues-Rivale hatte einst zu viel Nähe zu Sarkozy gezeigt. Dessen Urlaube auf Bollorés Yacht wurden zur Affäre. Doch mit Sarkozys Parteifreund Fillon hat auch Bolloré nicht viel am Hut.
Ihm werden eher Sympathien zum liberalen Spitzenreiter Emmanuel Macron nachgesagt, der das Parteiensystem aufmischt und wie der junge Bolloré als Investmentbanker bei Rothschild Karriere machte. Sein Sohn Yannick Bolloré, der die Kommunikationsagentur Havas führt, trat als privater Freund zur Gründung von Macrons Bewegung "En Marche" auf. Offiziellen politischen Kontakten hat die Firma abgeschworen.
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Xavier Niel, 8,6 Milliarden Euro Vermögen
Der Digitalpionier, der schon im Internet Geschäfte machte, als es in Frankreich noch Minitel hieß, war der große Gewinner von Fillons Mobilfunkliberalisierung. Fillon brüstet sich jetzt damit, dass es seinetwegen den Preisbrecher Free gebe. Doch die Liebe wird nicht erwidert.
Im Gegenteil: Schon vor Macrons Kampagnenstart warb Xavier Niel öffentlich für den Newcomer. "Das liebe ich: ein Politiker, der keine Tabus kennt." Als Großaktionär der linksliberalen Zeitung "Le Monde" ist Niel auch an der Meinungsproduktion beteiligt. Und die befördert vor allem Macron, auch wenn der sich noch gegen die Nationalistin Marine Le Pen durchsetzen muss.
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Emmanuel Besnier, 11,3 Milliarden Euro Vermögen
Sein bekanntestes Produkt heißt zwar "Président". In die Politik zieht es den Miteigner des Molkereiriesen Lactalis aber nur, wenn Bauern mal wieder gegen seine Preispolitik protestieren - eine Wut, die auch den rechtsextremen Front National von Marine Le Pen nährt. Besnier selbst hält nichts davon, in der Öffentlichkeit zu erscheinen. Daher sind Fotos von ihm oder seinem Loire-Schloss Mangelware. Selbst innerhalb seiner Firma, die er zur globalen Nummer eins für Milchprodukte vor Nestlé machen will, ist Besnier kaum bekannt.
Zu seinen wenigen politischen Vertrauten zählt der lokale Europaabgeordnete Jean Arthuis von der Zentrumspartei UDI. Arthuis führt den für die Agrarwirtschaft wichtigen Haushaltsausschuss des Europaparlaments, tritt für die Vereinigten Staaten von Europa ein - und in Paris für den Kandidaten Macron.
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Gérard und Alain Wertheimer, je 11,7 Milliarden Euro Vermögen
Die Brüder, denen je zur Hälfte das Luxusunternehmen Chanel gehört, tauchen immerhin gelegentlich auf Modeschauen auf wie in dem Bild von 2008. Die französische Politik liegt ihnen aber ebenso fern. Alain lebt in Genf, Gérard in New York, ihre Holding sitzt steuergünstig in den Niederlanden. "Wir reden nie", ist das einzige Zitat, das die "New York Times" einmal Gérard Wertheimer entlockte. Chanels langjähriger Markenbotschafter Karl Lagerfeld allerdings "liebt" Emmanuel Macron und dessen "brillantissime" Frau Brigitte. Stolz ist Lagerfeld, mit Macron schon vor dessen Berufung zum Minister diniert zu haben.
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Patrick Drahi, 13,7 Milliarden Euro Vermögen
Der gebürtige Marokkaner Drahi beharrt, er habe auf französischen Reichstenlisten nichts zu suchen. Seine Holding Altice zog zum Börsengang von Luxemburg in die Niederlande um, er selbst residiert in der Schweiz und Israel, wo er zum Kauf eines Kabelnetzbetreibers auch die Staatsbürgerschaft annahm.
In Frankreich ist er trotzdem sehr präsent. Den Kauf des Mobilfunkanbieters SFR 2014 verdankt er Macron, der als Generalsekretär im Präsidentenpalast ein Veto aus Wettbewerbsgründen verhinderte, das der damalige linke Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg verlangte. Diese Episode wurde auch Thema der Fernsehdebatte vor der Stichwahl. Einige der Manager von Macrons Wahlkampf stammen aus Drahis Firmen. Drahi besitzt auch Anteile am linken Blatt "Libération" und Magazinen wie "L'Express" oder "L'Expansion".
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Serge Dassault, 17 Milliarden Euro Vermögen
Der Eigner des Rüstungs- und Softwarekonzerns Dassault ist selbst Politiker. Der 92-Jährige (der angenommene Familienname bedeutet "Kampfpanzer") amtiert als Senator für Fillons Republikaner. Dassault war es, der Fillon trotz Skandals zum Durchhalten aufforderte - "auch wenn gegen Sie ermittelt wird. Schauen Sie mich an: Ich pfeife drauf!"
Dassault selbst, dem nebenbei auch das konservative Traditionsblatt "Le Figaro" gehört, wurde schon wegen Bestechung und Stimmenkaufs verurteilt und als Bürgermeister von Corbeil-Essonnes abgesetzt. Im Februar entzog ihm ein Gericht auch wegen Steuerbetrugs das Recht auf Wählbarkeit. Dassault legt Widerspruch ein, und findet im Vergleich zu den Vorwürfen gegen Fillon: "Das ist wirklich nicht schlimm."
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François Pinault, 18 Milliarden Euro Vermögen
Der bretonische Selfmademan und Eigner des Luxuskonzerns Kering (Gucci, Yves Saint-Laurent, Puma) ist ein echter Seitenwechsler. In seiner Jugend war er bei den gaullistischen Républicains Indépendants, später mit dem konservativen Präsidenten Jacques Chirac befreundet, doch empfahl 2012 die Wahl des Sozialisten François Hollande, der schließlich Emmanuel Macron zum Wirtschaftsminister machte.
Das Foto zeigt ihn im Stadion seines Fußballclubs Stade Rennes im Gespräch mit Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian. Der unterstützte schon im ersten Wahlgang Macron anstelle des aussichtslosen Parteikandidaten Benoît Hamon. Wie viele reiche Franzosen ist übrigens auch Pinault Verleger: "Le Point" steht eher rechts, übte unter Pinaults Schutz aber auch Kritik an Sarkozy.
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Liliane Bettencourt, 39 Milliarden Euro Vermögen
Die L'Oréal-Erbin ist die reichste Frau der Welt, steht seit 2011 aber unter Vormundschaft ihrer Tochter Françoise Bettencourt-Meyers und deren Söhnen. Damit fällt die 94-Jährige auch als verlässliche Unterstützerin der Republikaner aus. Ihre gerichtlich verhandelten Skandale brachten auch den Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy wegen vermeintlicher illegaler Parteispenden in Bedrängnis.
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Bernard Arnault, 48 Milliarden Euro Vermögen
Der achtreichste Mann der Welt, wie Pinault aus mittelständischen Verhältnissen zum Luxuszar mit LVMH (Louis Vuitton, Dior, Bulgari) aufgestiegen, hat in seinem Wirtschaftsblatt "Les Echos" persönlich einen Wahlaufruf für Macron geschrieben. Verbürgt ist eine familiäre Verbundenheit: Macrons Frau Brigitte war Französischlehrerin seiner Söhne Frédéric und Jean, sie lässt sich auf Rat seiner Tochter Delphine (die mit Macron-Fan Xavier Niel liiert ist) mit Louis Vuitton einkleiden. LVMH-Chef Renaud Dutreil begleitete Macron auch zum Start von "En Marche". Für die Konservativen bedeutet Arnaults Abwendung einen herben Verlust ...
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Einst gehörte Bernard Arnault, der sich auch als Kunstmäzen mit eigenen Museen betätigt, zu ihren Kreisen. Er war sogar Trauzeuge für Nicolas Sarkozys erste Ehe und Gast auf dessen Party zum Wahlsieg 2007. Später wurde Arnault zum Auslöser einer Debatte über Steuerflucht, als er 2012 die belgische Staatsbürgerschaft beantragte. Im Jahr darauf zog er das als "Geste meiner Verbundenheit zu Frankreich und meines Vertrauens in seine Zukunft" zurück. Macron verspricht, auch Arnaults Steuern drastisch zu senken.
Quelle für Vermögensangaben: Forbes
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Macrons Stichwahl-Gegnerin Marine Le Pen hat zwar prominente Fans wie Brigitte Bardot. Von den wirklich Reichen ist aber keine derartige Unterstützung bekannt für die Frau, die dem Euro Adieu sagen will. Wer aus der Oberschicht ihren strammen Rechtskurs fördert, agiert im Geheimen. Doch genau diese Aura der Volksverbundenheit macht sie zur gefährlichen Gegnerin für den Banker Macron. Neben dem katholisch-konservativen Lager können sich auch linke Wähler kaum für die liberale Alternative erwärmen.
Andererseits passt auch kein Blatt Papier zwischen Alice Weidels Positionen und den Rest der Partei. Als zeitweise Leiterin der Bundesprogrammdiskussion verantwortet sie auch das Gesamtergebnis - mögen ihr manche Beschlüsse zur Familien- oder Hochschulpolitik auch missfallen. Auch ihre Auftritte werden von den Themen Asyl und Islam dominiert.
Auf ihrer Facebook-Seite postet Weidel eine Meldung über die Rettung tausender Flüchtlinge aus Seenot im Mittelmeer während der Ostertage mit dem Kommentar "grenzenlose Verblödung". Über die Deutschtürken zum Erdogan-Referendum: "Darum sollte die fünfte Kolonne dahin gehen, wo es ihr offensichtlich am besten gefällt und wo sie auch hingehört. In die Türkei."
Hinter wirtschaftsliberalen Phrasen verbergen sich oft deutschnationale Gedanken. Stets achtet Weidel darauf, ihre Kritik an Euro, EZB, Steuerpolitik oder der Lage der Sozialversicherungen aus nationalistischen Interessen der AfD-Klientel herzuleiten.
Die dürfe nicht "noch mit ihren Steuergeldern einem Millionenheer von ungebildeten Migranten aus dem Nahen Osten und Afrika eine Rundumsorglos-Vollversorgung finanzieren", von der EZB zugunsten "maroder Südländer enteignet" und mit "verblödetem Toleranzgeschwätz ausverkauft" werden. Die an anderen kritisierte völkische Schlagrichtung mildert sie mit feinerer Formulierung ab: Brüssel betreibe die "Einschmelzung der europäischen Völker".
Während Weidel der EZB, die Unternehmensanleihen kauft, "Planwirtschaft" und den "Weg in eine Wirtschaftsdiktatur" vorwirft, wäre ihr eine nationale Einflussnahme auf Unternehmen durchaus willkommen - jedenfalls beklagt sie, der Bund lasse zu, dass die meisten Aktien deutscher Konzerne nun in ausländischer Hand sind. "Man wird kaum noch innenpolitischen Einfluss auf die Unternehmen ausüben können."
Die Nation zuerst, heißt die Devise. Auch einem Konzern wie Volkswagen müsse die Regierung im von den USA aufgedeckten Abgasskandal den Rücken stärken - "in der Euro- und Asyl-Krise nötiger denn je".
Koalitionsfähig werde ihre Partei "frühestens 2021", räumt Weidel ein. Für sie ist das politische Projekt aber langfristig, zur Rettung Deutschlands als schlanker Staat, der nur für sich selbst verantwortlichen Individuen einen klaren Rechtsrahmen vorgibt und jeden Verstoß ahndet. Jede Missachtung führt aus ihrer Sicht direkt in den Untergang.
Disziplin ist ihr Leitthema. Und das bedeutet auch innerparteilichen Zusammenhalt um jeden Preis.